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Echt, wahrhaftig und glaubwürdig
Krankenhausseelsorger Günter Jochum im Ruhestand

21.12.2015

Im Gottesdienst in der Nikolaikirche in Siegen wurde am vergangenen Sonntag (20. Dezember 2015) Pfarrer Günter Jochum von Superintendent Peter-Thomas Stuberg von seinen Dienstpflichten entbunden. Ab dem 1. Januar 2016 ist er im Ruhestand.

In der Nikolai-Kirchengemeinde, Bezirk Sieghütte, hat Günter Jochum nach seinem Vikariat in der Ev.-Ref. Kirchengemeinde Netphen und einem Schulvikariat am Ev. Gymnasium Siegen seinen Dienst am 1. Oktober 1985 als Pastor im Hilfsdienst, wie es damals hieß, begonnen. 1989 wurde er vom Presbyterium der Ev. Kirchengemeinde Wilnsdorf als Gemeindepfarrer in die 1. Pfarrstelle der Kirchengemeinde gewählt. Sieben Jahre später verließ er die Kirchengemeinde und übernahm eine Kreispfarrstelle. Er arbeitete nun als Krankenhaus-Seelsorger in den Krankenhäuser Freudenberg und Kredenbach, später im Jung-Stilling-Krankenhaus. In den letzten Jahren seiner insgesamt 20-jährigen Arbeit als Krankenhausseelsorger war er im Kreisklinikum Weidenau tätig. Als Krankenhausseelsorger hatte er nicht nur die Patienten und Mitarbeitenden im Blick, immer galt sein Interesse auch den Strukturen, in die Menschen eingebunden waren. Und natürlich ethischen Gesichtspunkten, die für Entscheidungen im Krankenhaus eine Rolle spielen.

 

In seiner Predigt ging er auf das Verhältnis zu Menschen anderen Religionen ein. Auch im Krankenhaus ist er als Pfarrer Menschen begegnet, die aus anderen Kulturkreisen ihren Glauben mitgebracht haben. Oft sei er dabei gewesen, wenn in der Pathologie an verstorbenen Muslimen die rituellen Waschungen vollzogen worden seien. Ihm stelle sich angesichts der Flüchtlinge die Frage, welchen Stellenwert die Religion bei der Integration von Flüchtlingen erhalte. Seines Erachtens dürfe keine Religion den Anspruch erheben, der anderen Religion überlegen zu sein, wenn Frieden werden solle. Jochum vertrat die klassische Definition von Religion von Gustav Mensching, wonach Religion die erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen ist. Der Theologe zitierte Sören Kierkegaard: „Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist: Ich wurde ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören. Beten heißt: Still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört.“ Es passiere etwas in der Begegnung mit dem Heiligen, aus der man verändert hervorgehe, so der scheidende Krankenhausseelsorger. Es sei, um mit Martin Buber zu formulieren, ein wechselseitiges Durchdringen zwischen Gott und Mensch.

Superintendent Peter-Thomas Stuberg beschrieb Jochum als einen Pfarrer, dessen besonderes Augenmerk und Interesse der Krankenhausseelsorge gegolten habe. In diesem oft den Grenzbereich des Lebens berührenden Seelsorgegebiet, zu dem auch Pränatal Diagnostik oder auch die Sterbebegleitung gehöre, müsse sich die Belastungsfähigkeit des Glaubens besonders herausstellen. In den Lebensgeschichten der einzelnen Menschen müsse sich erweisen, ob der Glaube trage und etwas austrage für die Betroffenen. Dabei gehe es nicht um ein Regelwerk frommer Religiosität. Er habe Pfarrer Jochum wahrgenommen als jemanden, dem es um Echtheit, Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit gehe im Umgang mit den Patienten, denen er einfühlsam begegne und sich auf ihre Lage einstelle, ihnen Raum einräume für das leise Wehen der Gottesnähe. Der Superintendent dankte Jochum für seinen Dienst in den Krankenhäusern.

Auch im Kirchenkreis hat Jochum seine Begabungen für Organisationsgeschehen eingebracht. So war er viele Jahre Vorsitzender des Struktur- und Leitungsausschusses. Unter seiner federführenden Mitwirkung wurde das Leitbild des Ev. Kirchenkreises Siegen entwickelt. Er gehörte dem Nominierungsausschuss an, dem Ausschuss für Seelsorge und Beratung und zuletzt auch dem Ausschuss für Wirtschaft und Soziales. Nach dem Gottesdienst fand ein Empfang im benachbarten Gemeindehaus Altstadt statt.

Im Ruhestand hat er nun mehr Zeit für seine politischen Aktivitäten; Jochum ist unter anderem Vorsitzender der Fraktion „Die Grünen“ im Kreistag und Mitglied im Stadtrat der Stadt Kreuztal. Auch seine Familie mit den fünf Enkelkindern wird mehr Aufmerksamkeit erhalten.

kp

 

Text zum Bild oben: (Foto Karlfried Petri)

Der Krankenhausseelsorger Günter Jochum (im Bild rechts) wurde in der Nikolaikirche von Superintendent Peter-Thomas Stuberg (links) in den Ruhestand verabschiedet.

 

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