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Viel Freundlichkeit in Siegen erlebt
Kirchenkreis schlägt Brücke zwischen Kulturen
26.7.2017
Viele Flüchtlinge kamen in den vergangenen Jahren nach Siegen. Die evangelischen Kirchengemeinden sahen sich herausgefordert, zu helfen. Kleiderläden entstanden, fremdsprachige Gottesdienste wurden angeboten und auch integrative Angebote wie Deutschkurse konnten kurzfristig organisiert werden. Der Evangelische Kirchenkreis Siegen legte einen „Sonderfond Flüchtlingsarbeit“ auf, um den Kirchengemeinden finanziell unter die Arme zu greifen. Die Referentin für Erwachsenenbildung im Evangelischen Kirchenkreis Siegen Heike Dreisbach entwickelte im vergangenen Jahr gemeinsam mit der syrischen Universitätsdozentin aus Aleppo Perihan Battal Aref das Projekt „The Culture Bridge“. Unterstützt wurden die beiden Frauen von Pfarrer i.R. Dr. Klaus Straßburg. Es entstand ein Interkulturelles Themencafé für Migranten und Einheimische. Miteinander reden – voneinander lernen lautete das Motto. Der Kirchenladen offenBar in der Siegener Oberstadt bot die geeignete Räumlichkeit für die Idee. Heike Dreisbach erinnert sich: „Eingeladen wurden Migranten, die ihre Konversationsfähigkeit im Deutschen schulen und dabei die Kultur ihrer neuen Heimat besser kennen lernen wollen. Aber auch Einheimische, die Freude haben am Kontakt zu Menschen aus anderen Kulturen, waren und sind herzlich willkommen.“ Und Interessierte kamen. Auf das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen ließen sich vor allem gebildete junge Flüchtlinge ein. Unter den Besuchern fanden sich nicht nur Menschen aus dem arabischen Raum, auch Chinesen, Menschen aus der Ukraine oder Koreaner ein. Mal waren es nur 10 Personen, ein andermal waren es 50 Personen. „Und einmal“, so Dreisbach, „mussten wir Stehplätze vergeben, weil wir nicht allen Besuchern einen Sitzplatz bieten konnten. Der Kirchenladen platzte aus allen Nähten.“
Breites Themenspektrum
Über 20 Mal konnte The Culture Bridge bisher mit einem breiten Themenspektrum aufwarten. Die Themen sind so breit gestreut wie die Interessen von Menschen. Dabei ging es beispielsweise um Flucht und Seelenschmerz oder um die Frage, welche Rechte Frauen in Deutschland haben. „Die Polizei, dein Freund und Helfer: Sicherheit in Deutschland“ stand ebenso auf dem Programm, wie die Frage „Was feiern Christen an Ostern“. Glaubensfragen der Religionen, praktische Alltagshilfen oder aber auch ein Picknick im Park am Oberen Schloss fanden ihre Interessenten. Fachreferenten zu speziellen Themen ließen sich einladen. Besonders gut besucht war ein Foto- und Erzählabend über das Ende des Zweiten Weltkrieges und den Wiederaufbau der zerstörten Stadt Siegen. Hier waren Einheimische wie Migranten in ihren schmerzvollen Erfahrungen gleichermaßen betroffen.
Der Kontakt zu Migrantinnen stellte sich als nicht einfach heraus, weiß Heike Dreisbach. Sie kamen oft nur einmal oder zweimal und fühlten sich unter den zumeist Männern unwohl. Deshalb sollen künftig auch Themen speziell nur für Frauen mit kunsthandwerklichen Inhalten angeboten werden.
Idee zieht Kreise
Vier weitere Themen sind bis zum Ende des Jahres noch geplant. Märchen aus tausend und einer Nacht, Witze aus aller Welt, Singen von traditionellen Liedern sowie Liebes- und Friedensgedichte stehen auf dem Programm und alle Teilnehmenden sind gebeten, Märchen, Witze, Lieder und Gedichte mitzubringen. Die Beobachtung, dass Flüchtlinge sich nicht nur als Opfer von Krieg und Gewalt sehen, wird in künftige Themen einfließen. Sie wollen Schönes, was ihnen wertvoll ist, zeigen und davon erzählen. So wie ein syrischer Flüchtling bei The Culture Bridge bereits Bilder von seiner schönen syrischen Heimat zeigte.
Heike Dreisbach: „Über Siegen erzählten die Flüchtlinge viel Gutes. Es ist offensichtlich doch nicht so, dass die Siegerländer zurückhaltend sind und man erst, wie es heißt, einen Sack Salz miteinander gegessen haben muss, um einander zu mögen und sich näher zu kommen. Dies, so viele Flüchtlinge, stimme nicht. Sie hätten viel Freundlichkeit erlebt.
Ein dickes Lob von Heike Dreisbach erhalten die Ehrenamtlichen aus dem Kirchenladen: „Die Gastfreundschaft dort war beeindruckend. Sie steuerten frisch gebackenen Kuchen bei, so dass zum Zusammentreffen auch immer ein geselliges Kaffeetrinken gehörte. Ein Satz zu Beginn lautete immer: "Sie sind heute zu Gast bei der Evangelischen Kirche.“
Finanziert wurde das besondere Projekt aus Kollektenmitteln der Kirchengemeinden, aus Geldern der Landeskirche und der Diakonie, dem Flüchtlingsfond des Kirchenkreises, aus Mitteln der kirchlichen Erwachsenenbildung und aus Spenden.
Die Idee der Begegnung hat mittlerweile Kreise gezogen bis in den Irak und nach Jordanien. Perihan Battal Aref, außerordentlich gut vernetzt, berichtete über das Internet vom Erfolg der interkulturellen Begegnungen in den arabischen Raum hinein. Dort versucht man nun, Ähnliches zu organisieren.
Das The Culture Bridge in Siegen auch im nächsten Jahr weiter gehen soll, steht so gut wie fest. Da der Kirchenladen geschlossen wird, suchen die Verantwortlichen eine zentral gelegene andere Räumlichkeit in Siegen.
kp
Text zum Bild: (Fotos Kamal Omar)
Im Kirchenladen offenBar in der Siegener Oberstadt fanden Flüchtlinge und Einheimische zusammen. The Culture Bridge machte es möglich.
Nähe und Distanz in der deutschen Gesellschaft war Bestandteil eines Themenabends.
Das Logo für The Culture Bridge – Menschen bauen eine Brücke der Begegnung und gehen aufeinander zu.