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Lutherausstellung in der Abtei Maria Laach
Ökumenisches Miteinander in der Siegener Innenstadt

22.8.2017

Ein entspanntes und konstruktives ökumenisches Miteinander gestalten die ev. Nikolai-Kirchengemeinde und der kath. Pastoralverbund Siegen-Mitte seit vielen Jahren. Um das Miteinander zu stärken, unternehmen die Hauptamtlichen gemeinsame Reisen, beispielsweise nach Rom und Wittenberg. In diesem Jahr (14. August 2017) lockte die Lutherausstellung in der Benediktinerabtei Maria Laach in die Eifel.

Schon der Ausstellungsort, die historische Jesuitenbibliothek, wäre ohne Ausstellung ein Erlebnis gewesen. Die Bibliothek wird zu den schönsten und besterhaltenen Bibliotheken des 19. Jahrhunderts gezählt. Sie liegt innerhalb der Klausur und ist somit für die Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich. Während des Ausstellungszeitraumes von Juni bis August 2017 wurde eine Ausnahme gemacht und der Raum für angemeldete Besuchergruppen im Rahmen von Führungen teilgeöffnet.

Ausgesprochen kompetent und interessant wurden die Siegener Besucher von dem Ausstellungskurator und Lutherexperten Pater Dr. Augustinus Sander OSB durch die Ausstellung geführt. Der Benediktinermönch stammt aus Dreis-Tiefenbach und freute sich sichtlich wieder einmal Siegerländer Zungenschlag zu hören.

 

Kirchenvater Augustinus

Woher hat Luther das, was er sagte? Was wurde aus dem, was Luther gesagt hat? Mit diesen beiden Fragen geht die Lutherausstellung in Maria Laach der Ursprungsgeschichte und der Wirkungsgeschichte nach und findet Antworten ausschließlich aus Exponaten aus dem eignen Buchbestand. Es entsteht in der Ausstellung sozusagen ein Dialog des „Reformkatholiken“ Luther mit der Katholischen Kirche.

Bekannt ist als Luthers Geburtstag der 10. November. Das Geburtsjahr ist unbekannt. Es gab noch keine Kirchenbücher. In der Ausstellung wird das Jahr 1483 angenommen. Pater Augustinus: „Es könnte aber auch 1482 oder 1484 gewesen sein.“ Philipp Melanchthon hat Luthers Mutter Margaretha einige Male nach der Zeit gefragt, wann ihr Sohn geboren sei. Sie habe geantwortet, dass sie sich an Tag und Stunde genau erinnere, aber hinsichtlich des Jahres habe sie Zweifel.

Pater Augustinus: „Luther hat den Habit der Augustiner-Eremiten 20 Jahre lang und damit ein Drittel seines Lebens getragen. Es war seine Schaffensperiode im Kloster Wittenberg.“ Dort trug er den Namen „Augustinus“, war Professor für Bibelwissenschaften, Oberer seines Ordens und als Distriktsvikar für zehn Augustinerkonvente verantwortlich. Pater Augustinus: „Den Habit kann man ablegen, nicht jedoch den Habitus“.

Luther hat im Kloster nach der Augustinerregel gelebt. Dazu gehörte die tägliche Lektüre der Heiligen Schrift. Pater Augustinus ist sich sicher, Luther hat den Kirchenvater Augustinus gelesen und wurde von ihm geprägt. Es gibt Anmerkungen von Luther zu Augustinus und Hinweise in seiner Schriftauslegung. Pater Augustinus: „Luther lebte in der Theologie des Kirchenvaters Augustinus.“ Luthers letzte geschriebenen Worte vom 13. Februar 1546 lauten „Wir sind Bettler, das ist wahr.“ Weniger bekannt sei, so erfuhren die Siegener Ausstellungsbesucher, dass Luther mit dieser Aussage den Heiligen Augustinus zitiert habe. Zum Ausdruck gebracht werde damit die Stellung des Menschen vor Gott. Der Kirchenvater Augustinus: „Wir alle nämlich, wenn wir beten, sind Bettler Gottes und stehen vor der Tür des großen Hausvaters.“ Der Augustinerorden zählt zu den Bettelorden.  

 

Bernhard von Clairvaux

Eine noch größere Bedeutung als Augustinus hatte für Luther Bernhard von Clairvaux. Dieser wird in Luthers Werken über 500 Mal erwähnt. Durch den Novizenmeister sei Luther auf Bernhard hingewiesen worden. Von Bernhard von Clairvaux habe Luther die applikative Theologie gelernt. Die Heilszusagen Gottes seien nicht nur „an sich“ wahr, sondern ließen sich „für mich“ persönlich im Glauben erschließen. Pater Augustinus: „Im Kloster ist Luther Augustinus und Bernhard neu akzentuiert auf die Spur gekommen.“

Luther wollte die Kirche reformieren, aber keine neue Kirche gründen. Es ist anders gekommen.

Die Bezeichnung „ecclesia lutherana“ (Lutherische Kirche) wurde erstmals 1586, also 40 Jahre nach Luthers Tod verwendet. Luthers katholisches Denken sei Voraussetzung für die Reformation gewesen, so Pater Augustinus. Die Tradition sei Luther selbstverständlich gewesen. Dieser Luther sei jedoch nicht mehr so bekannt.

 

In der katholischen Kirche stand Luther auf dem Index. Es bedurfte einer kirchlichen Sondererlaubnis, seine Bücher zu lesen. Erst mit dem II. Vatikanum wurde der Index 1966 abgeschafft.

 

Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

Als wertvollste Schrift der Ausstellung bezeichnete Pater Augustinus ein unscheinbar aussehendes Heft aus den letzten Jahren, das nur wenige Euros im Handel gekostet habe. Es enthält die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre und ist ein zentrales Dokument der Ökumenischen Bewegung, das einen Konsens über Grundwahrheiten der Rechtfertigung „allein aus Gnade“ zwischen dem Lutherischen Weltbund (LWB) und der römisch-katholischen Kirche ausdrückt. Der Weltrat der methodistischen Kirchen hat das Dokument 2006 und die Weltgemeinschaft der reformierten Kirchen 2017 unterschrieben.

kp

 

Text zum Bild: (Fotos Karlfried Petri)

 

Die beeindruckende historische Jesuitenbibliothek der Benediktinerabtei Maria Laach beherbergte die Lutherausstellung „Luther in Laach“.

Im Bild von links: Pfarrerin Anne-Christin Brahms, Pfarrerin Annegret Mayr, Pfarrer Stefan König, Pfarrer Wolfgang Winkelmann und P. Dr. Augustinus Sander OSB

 

Martin Luther im Habit, De captivitate babylonica Ecclesiae praeludium, 1521

 

Luthers Lebenslauf auf einer Fahne in der historischen Jesuitenbibliothek

 

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