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Karibu sana Tanzania!
Delegation aus dem Kirchenkreis Siegen besucht Partnerkirche in Tansania

7.9.2018

„Karibu sana Tanzania! Herzlich willkommen in Tansania!“ Vielstimmig, bunt und fröhlich ist der Empfang, den der Kirchenkreis Magharibi seinen 12 Gästen aus dem Siegerland am Internationalen Julius-Nyerere-Flughafen in Daressalam bereitet und zur Begrüßung gelbe und rote Nelken verschenkt: Sichtbare Zeichen für die blühende Kirchenpartnerschaft, die seit 1979 den westlichen Distrikt in der Ost- und Küstendiözese der Lutherischen Kirche in Tansania mit dem Evangelischen Kirchenkreis Siegen verbindet.

Nach der letzten Delegationsreise 2013 und dem Besuch aus Tansania zum Reformationsjubiläum 2016 und 2017 haben diesmal drei Vertreter des Siegener Kirchenkreises, unter ihnen Pfarrer Rolf Fersterra als stellvertretender Superintendent und Matthias Daub als Vorsitzender der Kirchenkreispartnerschaft sowie neun Delegierte aus den Partnergemeinden die lange Flugreise nach Tansania angetreten. Denn nicht nur die beiden Kirchenkreise aus Ostafrika und Südwestfalen sind seit langem partnerschaftlich verbunden, sondern auch die acht Kirchengemeinden Burbach, Buschhütten und Ferndorf, Klafeld, Rödgen-Wilnsdorf und Weidenau sowie die Christus- und Martini-Kirchengemeinde Siegen haben durch gegenseitige Besuche und wechselseitige Informationen langjährige Beziehungen zu Partnergemeinden in Magharibi. Vom 21. Juli bis 04. August 2018 hält sich die Delegation aus dem Siegerland diesmal in dem afrikanischen Land auf.

Neben mehrstündigen Gottesdiensten in den Kirchengemeinden mit viel Musik, Chorgesang und Tanz, vielfältigen Begegnungen in Gemeindegruppen und Partnerschaftskomitees sowie intensiven Beratungen im Kirchenkreis mit dem neuen Superintendenten Anta Muro sowie den Partnerschaftsvorsitzenden Dafrooza Mzoo und Edwin Mgoa bietet das rund zweiwöchige Programm einen bunten Mix aus Exkursionen und Diskussionen. So stellt die KILWAG-Fraueninitiative ihre vielseitige Arbeit zu dem Leitwort „Starke Frauen stärken Andere“ vor und lädt in das nahezu fertiggestellte Hostel ein, das auch mit Siegerländer Kollekten und Spenden realisiert wird und in Zukunft jungen Frauen als Zufluchtsort und Ausbildungsstätte dienen soll. Beim jährlichen KILWAG-Day verkaufen die Damen auf einem quirligen Markt ihre bunten selbstgebatikten Stoffe sowie selbstgenähten Kleider und Taschen, dazu zahlreiche in Hand- und Heimarbeit gefertigte Schmuckaccessoires und Lebensmittel und tragen so zu den dringend benötigten Finanzen der Frauengemeinschaft bei.

Der Thementag „Christliches Leben in einer multireligiösen Gesellschaft“ informiert sowohl über das traditionell friedliche Miteinander von Christen und Muslimen in Ostafrika wie auch zu den derzeitigen Auseinandersetzungen über Migration und Islamophobie in Deutschland. Während auf tansanischer Seite betont wird, die alltäglich Nachbarschaft und sogar häufige Verwandtschaft mit Muslimen fordere zum Bekennen des eigenen christlichen Glaubens auf, berichten die Gäste aus dem Siegerland von der multikulturellen Situation in Deutschland sowie den zahlreichen Arbeitskreisen und Gesprächsinitiativen des interreligiösen Dialogs mit zuweilen sehr unterschiedlichen Moscheegemeinden. Von der Eigenständigkeit wie Verwandtschaft der drei abramitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam erzählt auch die Skulptur „Engel der Kulturen“, die die deutsche Delegation vorstellt und als Holzpuzzle wie als Schmuckbrosche gleich mehrfach verschenkt: Dieses kreisrunde Kunst- und Friedensprojekt zeigt in einem äußeren Ring die Symbole aller drei Religionen - Davidsstern, Kreuz und Halbmond - und im inneren Ausschnitt einen Engel, der für Frieden, Versöhnung und Verständigung unter den Menschen und Religionen wirbt.

Zur Halbzeit des Besuches lädt der über 3.200 km² große Mikumi-Nationalpark mit seiner üppigen Flora und Fauna zur Fotosafari ein: zahlreiche in freier Wildbahn lebende Löwen, Zebras und Elefanten sowie Büffel, Impalas und Leoparden laufen den Siegenern direkt vor die Linse und sorgen zusammen mit den uralten Baobab-, Tamarinden- und Akazienbäumen für ein unvergessliches Erlebnis. Doch selbst dieser Ausflug ist nicht einfach nur Sightseeing, sondern wird verbunden mit einem Treffen der vier Delegierten aus dem Nachbarkirchenkreis Wittgenstein, die zeitgleich ihren Partnerkirchenkreis Ngerengere in der Nachbardiözese Morogoro besuchen. Die Gemeinsamkeiten der beiden ökumenischen Kirchenpartnerschaften, aber auch die signifikanten Gegensätze zwischen Stadt und Land werden in dem lebendigen Erfahrungsaustausch erörtert. Während in der Metropolregion Daressalam deutliche Fortschritte in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu beobachten sind, das Verkehrsaufkommen der Staudichte in deutschen Ballungszentren mindestens ebenbürtig ist und viele neue riesige Kirchengebäude für bis zu 3.000 Menschen entstehen, ist das Leben auf dem Land nach wie vor von Kargheit gezeichnet, von erheblichen Mängeln in der Strom- und Wasserversorgung, maroden Straßen und deutlichen Lücken im Gesundheits- und Bildungswesen. Obwohl auch in der von Subsistenzwirtschaft geprägten Gegend in und um Ngerengere kleine Schritte nachhaltiger Entwicklung gegangen werden, treten die Unterschiede im Lebensstandard deutlich zu Tage und werden auch als Impuls verstanden für eine engere Zusammenarbeit der beiden tansanischen Kirchenkreise.

Beim Besuch der Mbwawa Secondary School, einer weiterführenden Internatsschule der Ost- und Küstendiözese, die erste Kontakte zum Ev. Gymnasium Weidenau geknüpft hat, lernen die Gäste aus dem Siegerland endlich auch Pastor David Mushi kennen. Denn Pastor Mushi wird mit seiner Familie im Januar 2019 für mehrere Jahre nach Deutschland kommen, in Geisweid wohnen und als Ökumenischer Mitarbeiter der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) sowohl in der Kirchengemeinde Klafeld als auch in den beiden Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein tätig sein. War früher die Mission eine reine Einbahnstraße von Europa nach Afrika und die Beziehung der Kirchen ein sehr einseitiges Geben vom Norden in den Süden, so ist durch den Gedanken der Partnerschaft sowohl das Bewusstsein für das frühere Unrecht in der Kolonialzeit gewachsen wie auch die Überzeugung, nur gemeinsam und im gegenseitigen Austausch von Erfahrungen und Kompetenzen die eine weltweite Kirche Jesu Christi zu sein. So gesehen wird David Mushi das „Gesicht“ der globalen Verbundenheit der Christen wie der ökumenischen Partnerschaft vor Ort sein. Sein offener, interessierter und kommunikativer Umgang mit den Schülern wie mit den Gästen aus Deutschland haben ihm auf jeden Fall schon Türen und Herzen geöffnet.

Gegen Ende der Reise bündelt der Besuch der Deutschen Botschaft in Daressalam viele wichtige Informationen über die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Landes. Die Leiterin der Botschaftsabteilung für Kultur und Entwicklungszusammenarbeit, Frau Heike Jope erläutert in dem rund zweistündigen Gespräch, dass trotz beständigen Wirtschaftswachstums und einer relativ wohlhabenden Mittelschicht Tansania immer noch zu den armen Staaten der Erde zählt und mit zahlreichen strukturellen Defiziten in Verkehr und Versorgung, im Pflege-, Gesundheits- und Schulwesen zu kämpfen hat. Der seit 2015 amtierende Präsident John Magufuli bekämpft zwar recht erfolgreich Korruption, Miss- und Günstlingswirtschaft, schränkt allerdings in jüngster Zeit auch demokratische Grundrechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit ein und hat offenbar den Weg zu einem autokratischen Regierungsstil eingeschlagen. Von der Deutschen Botschaft ist es nur ein Katzensprung zum Luther House und der bekannten Azania Front Church, dem Sitz der Ost- und Küstendiözese. Der Empfang bei Bischof Dr. Alex Malasusa und das Arbeitsessen mit ihm und weiteren Mitgliedern der Kirchenleitung sowie die Vorstellung des Regionalbüros der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) bieten weitere wertvolle Informationen und Impulse zur künftigen Gestaltung der ökumenischen Kirchenpartnerschaft. Der Abschiedsabend in der Gemeinde Kibamba beschließt mit zahlreichen Dankworten und Geschenken die intensive gemeinsame Zeit und blickt mit der Einladung der tansanischen Partner nach Deutschland schon auf das Jahr 2020: Dann wird die Partnerschaft 40 Jahre jung und das ist ein Jubiläum, das gebührend gefeiert werden soll.

Martin Ahlhaus

Regionalpfarrer des Amtes für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe)

 

P1160426: Wie an vielen anderen Orten wird auch in der alten Hafen- und Sklavenstadt Bagamoyo (zu deutsch: Lass deine Hoffnung fahren!) eine neue und deutlich größere Kirche gebaut - Zeichen des anhaltenden Wachstums von Gemeinde und Kirche.

 

P1160485: Beim KILWAG-Day ist ein bunter Markt aufgebaut mit Batikstoffen und farbenfrohen Kangas, Erdnüssen und Obst aus eigenem Anbau und handgemachten Modeschmuck.

 

P1160572: Zum Abschluss des Thementages "Christliches Leben in einer multireligiösen Gesellschaft" überreichen die Vertreter des Kirchenkreises Siegen das Kunst- und Friedensprojekt "Engel der Kulturen" als Holzpuzzle an den neuen Superintendenten des Kirchenkreises Magharibi, Rev. Anta Muro.

 

P1170146: Aus der Hand des Siegener Synodalassessors, Pfarrer Rolf Fersterra erhielt Bischof Dr. Alex Malasusa als leitender Theologe der Ost- und Küstendiözese den "Engel der Kulturen" als Ansteckbrosche und Erinnerung an die Begegnung.

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