News-Archiv

Kreissynode Siegen II
Schwere Geburt
Kreiskirchlicher Innovationsfonds eingerichtet

3.12.2018

Nach lebhaften und kontroversen Verhandlungen beschloss die Kreissynode Siegen mit sehr großer Mehrheit einen Fonds für innovative, missionarische und diakonische Projekte einzurichten. Bis zu 300.000 Euro sollen aus erwarteten Mehreinnahmen in 2018 hierfür verwandt werden. Wer über die Verwendung der Mittel befinden darf und welche Kriterien zugrunde gelegt werden sollen, ist bis zur Sommersynode zu regeln und dort zu entscheiden.

Dem gingen lebhafte und kontroverse Diskussionen voraus, an der sich überwiegend Pfarrerinnen und Pfarrer beteiligten, die ihre unterschiedlichen Positionen, insbesondere zu dem Thema Mission, anklingen ließen. Dabei wurde wieder einmal deutlich, wie polarisiert mit dem Wort Mission umgegangen wird.

Bereits in der Sommersynode wurde über einen Antrag die Einrichtung eines Innovationsfonds angeregt und der Ausschuss für Gemeindeentwicklung beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten. Und auch die Ausstattung mit 300.000 Euro wurde auf der Synode genannt.

Der synodale Ausschuss für Gemeindeentwicklung „Gemeinsam unterwegs“  hatte sich nunmehr zwischenzeitlich mit der Thematik befasst und Vergaberichtlinien erarbeitet. Über die Vergabe sollte danach der Synodale Ausschuss für Gemeindeentwicklung entscheiden.

Pfr. Ulrich Schlapps, Freudenberg, brachte die Vorlage des Ausschusses für Gemeindeentwicklung ein.

Anträge sollten über die Presbyterien an den Ausschuss gelangen. Ein solches Projekt muss innovativ sein, also „jenseits der gewohnten Gleise und Zielgruppen“ arbeiten. Es soll Menschen ansprechen, die von den bisherigen Angeboten der Gemeinden und Einrichtungen noch nicht erreicht würden und sie zur Nachfolge Christi einladen. Das Projekt soll die Pioniere unterstützen, die das Erreichen von neuen Zielgruppen durch neue oder ergänzende Sozialformen der Kirche an besonderen Orten ausprobieren. Zudem soll im Projekt gelebte Spiritualität einen zentralen Raum einnehmen.

Auch der Finanzausschuss hatte sich zuvor des Themas angenommen. Sind 300.000 Euro doch kein Pappenstiel. Pfarrer Oliver Günther, stellvertretender Ausschussvorsitzender, stellte dann auch die Finanzfrage: „Wo soll das Geld herkommen?“ Die Kirchensteuermehreinnahmen aus 2017 sind bereits entsprechend der Beschlusslage verwendet worden. Der Überschuss aus 2018 ist noch unbekannt. Günther: „Es ist nicht ganz unproblematisch, das Fell des Bären heute schon zu verteilen, weil er ja noch durch die Wälder streift.“ Er zeigte dennoch einen möglichen Fellverteilungsmodus auf, da von 1,7 Mio. Euro Kirchensteuermehreinhahmen in 2018 ausgegangen wird. Der Finanzausschuss unterstützte im Grundsatz den Vorschlag des Ausschusses für Gemeindeentwicklung. Zu regeln sei jedoch der Umgang mit womöglich entstehenden Personalkosten durch befristete Arbeitsverträge und auch die Anstellungsträgerschaften. Er ruft in Erinnerung, wie wichtig es ist, sich sorgsam auf das Neue Kirchliche Finanzwesen vorzubereiten, das vorsieht, die Rücklagen der Gemeinden so gut wie möglich und nötig mit Finanzkraft auszustatten. Finanzielle Ressourcen würden für die künftige  Gewährleistung der Pastoralen Grundversorgung benötigt. Die Kindergartenarbeit brauche eine sichere Finanzierung. 

Pfarrer Michael Junk und Andrea Rink zeigten in einer Gesprächsszene, worum es bei diesem Innovationsfonds gehen soll. Bei ihnen ging es um ein Ladenlokal im Nachbardorf, in dem eine Art  Kirchen-Café eröffnet werden könnte. 

Bei Pfarrer Raimar Leng kam gerade dieses Beispiel nicht gut an. Hatte der Kirchenkreis doch erst vor einigen Monaten den Kirchenladen in der Siegener Oberstadt geschlossen, der überwiegend von Ehrenamtlichen betrieben wurde und nach Ausführungen von Leng genau das aufgegriffen hat, was der Ausschuss von Gemeindeentwicklung als Förderkriterien darlege. Leng: „Das hat was Verletzendes.“

Er habe schon vor 10 Jahren Migrationsarbeit geleistet und beispielsweise hierzu eine Homepage betrieben. Dafür habe er vom Kirchenkreis keinen Euro erhalten, bemerkte Pfr. Martin Eeerenstein. Das Vorgetragene sei nicht neu. Nach seinen Erfahrungen verhindere die Verwaltungsordnung Innovation.

Für Pfr. Ralph van Doorn stellte sich die Grundsatzfrage, was Mission ist. Für ihn haben die Ausführungen des Ausschusses für Gemeindeentwicklung einen exklusiven Beigeschmack. Van Doorn: „Als Volkskirche haben wir alle, zumindest viele Milieus in den Gemeinden soziologisch abgebildet. Auch das Gewohnte besitze noch „viel Luft nach oben.“

Dem entgegnete Pfr. Dr. Christian Schwark, der wahrnimmt, dass sich eine breite Zielgruppe nicht erreichen lässt und in den Gottesdiensten nicht vorkommt. Hier unterstütze der Fonds, der keine Dauerfinanzierung biete. Die Projekte sollten sich auf Dauer selbst finanzieren.

Der Zauber des Neuen steckte Pfr. Dietrich Hoof-Greve an. Er hält dagegen, dass eine Stelle in der Evangelischen Studierendengemeinde wegfalle. Daher sei er hin- und hergerissen.

Die Pfarrer Michael Junk und Ulrich Schlappa machten deutlich, dass sie keine konkreten Projekte im Blick hätten und auch keine Engführung sähen. Missionarische und diakonische Projekte gleichermaßen sollten in den Blick genommen werden. Für sie geht es darum, was die Menschen brauchen. Eine ganzheitliche Aufstellung sei wichtig.

Mittlerweile würden die Menschen nicht mehr zwischen evangelisch und katholisch unterscheiden, bemerkt Pfr. Martin Alhaus. Daher regte er an, den ökumenischen Aspekt stärker zu betonen. Kirchliche Aktivitäten sollten mehr als Netzwerk organisiert werden.

Der Innovationsfonds gebe Raum für alle Gemeinden etwas anzustoßen, bemerkt Pfr. i. R. Wilhelm Winkelmann.

Wird nicht das Pferd von hinten aufgezäumt? Diese rhetorische Frage stellte Pfrn. Karin Antensteiner in den Raum. Sie plädiert dafür, nicht erst das Geld zur Verfügung zu stellen und dann auf Ideen zu warten, sondern erst eine Idee aufkommen zu lassen und dann eine Finanzierung zu suchen. Es sei ja nicht so, dass die Kirchengemeinden kein Geld für Innovationen hätten. Dennoch sei es nicht gelungen, bestimmte Milieus anzusprechen. Sie bezweifelt, dass in der Vergangenheit überzeugende Projekte aus Geldmangel nicht zustande gekommen seien.

Der Fonds biete die Möglichkeit, Neues auszuprobieren ohne zu scheitern, wenn es nicht gelinge, zeigt Pfr. Jochen Wahl auf. In den Gemeinden gebe es viele Mitarbeitende, auch aus CVJM, aus Gemeinschaften oder selbst in ökumenischer Weite, deren Ideenpotential aktiviert werden könne.

 

Dr. Matthias Lagemann verweist auf die finanziellen Möglichkeiten des Landes NRW, sich als Kirche im außerschulischen Unterricht einzubringen.

 

OKR Dr. Ulrich Möller regt an, die geistliche Profilierung als Grundlage in einer Art Präambel vorneweg zu formulieren.

 

Erneut geht Pfr. Ralph van Doorn auf das unterschiedliche Missionsverständnis ein. Die Synode in ihrer Vielfalt solle über Projekte entscheiden und nicht ein Ausschuss, der seinen theologischen Filter bei der Auswahl ansetze.

Es gehe nicht immer nur um Mission oder Diakonie, zeigt Pfr. Martin Eerenstein auf. Manchmal sei auch eine Begegnung auf Augenhöhe und die Frage, wie können wir zusammen leben, von Bedeutung.

Pfrn. Rebecca Schmidt erinnert daran, dass durch die Finanzierung aus dem Fonds lediglich ein kleiner Teil einer Projektfinanzierung sozusagen als Geschenk abgedeckt werde.

Auf das innovative ACK-Projekt, Weihnachtssingen im Leimbachstation, macht Pfr. Ralf Prange aufmerksam.

Hartmut Heinbach kritisiert, dass gute Dinge schnell zerredet werden. Die Kirchengemeinde Klafeld betreibe seit 15 Jahren einen Weihnachtsmarkt. Das habe sich als total innovativ erwiesen. Jedem solle sein Versuch, eine innovative Idee umzusetzen, ermöglicht werden.

Bekannt wurde auf der Synode durch das Grußwort von OKR Dr. Ulrich Möller, dass die Landeskirche dabei ist einen ähnlichen Fonds in Höhe von drei Mio. Euro aufzulegen. Auch hier sind die Vergaberegelungen noch nicht bestimmt.

zurück zur Übersicht

get connected