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»Brunnengespräch« am Donnerstag
Superintendent Peter-Thomas Stuberg und Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
20.6.2019
Ein Highlight des ersten Tages auf dem Markt der Möglichkeiten war das Gespräch zwischen Superintendent Peter-Thomas Stuberg und dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Prof. Dr. Thomas Sternberg. Beide verbindet seit mehr als 30 Jahren ein gemeinsames Anliegen, das somit auch zentrales Thema des ersten „Brunnengesprächs“ inmitten der Dorfhäuser war: Die Ökumene zwischen evangelischen und katholischen Christinnen und Christen. Allem voran die Frage: Wie können die Kirchen ökumenisch miteinander Zukunft bauen?
Dr. Sternberg selbst kommt aus einer katholisch geprägten Gegend im Sauerland. Oft, so sagte er zu Beginn des Gesprächs, habe man die Protestanten dort als „die Anderen“ wahrgenommen. Sie waren zahlenmäßig in der Minderheit und zum Teil erst als „Vertriebene“ nach dem Krieg in die Region gekommen. Die Ökumene sei nicht immer einfach gewesen, so Sternberg. Dennoch sei man über die Jahre vor allem in Krisenzeiten zusammengewachsen. Er berichtete über eine Zeit in den 60ern, in der die katholische Kirche im Ort umgebaut wurde. Während der Bauphase habe man dann Gastrecht in der ev. Kirche im Ort gehabt. Es sei damals ein selbstverständliches Miteinander entstanden, was aufzeige, dass Ökumene an der Basis oftmals besser klappe, als an der Spitze.
Auf die Frage Stubergs, was für Sternberg die Ökumene habe so unverzichtbar werden lassen, antwortete er mit dem Verweis auf die historische Entwicklung der beiden deutschen Konfessionskirchen. Lange habe es in der deutschen Bevölkerung nur ein Drittel Katholiken und zwei Drittel Protestanten gegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei dies etwa in ein ausgewogenes 50%-50%-Verhältnis übergegangen. Im Zuge der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten 1990 habe man schließlich erwartet, dass sich dieses ausgewogene Verhältnis in Zukunft wieder zugunsten einer überwiegend protestantischen Bevölkerung verändern würde. Ganz im Gegenteil sei Deutschland jedoch nicht protestantischer geworden, sondern säkularer. Nach aktuellem Stand bezeichnen sich 2019 nur noch rund 58% der deutschen Bevölkerung überhaupt als christlich. Dr. Sternberg: „Wir können also nicht mehr so auftreten als wären unsere zwischenkonfessionellen Probleme die Probleme der Welt. Wir müssen als Christen gemeinsam auftreten, weil wir gemeinsam wahrgenommen werden müssen.“ Vor allem auf dem 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt im Jahr 2021 müsse man ein sichtbares Zeichen des Zusammenhaltes setzen und gemeinsam als Christen erkennbar sein. Für diesen deutlichen Appell des Zentralkomitee-Präsidenten gab es Beifall der Zuhörenden.
Superintendent Stuberg verwies in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle wissenschaftliche Studie „Kirche im Umbruch“, die den beiden Volkskirchen für 2060 einen Mitgliederschwund von bis zu 50% diagnostiziert. Es sei auch hier eine Herausforderung der Ökumene, einer solchen Studie und Entwicklung zu begegnen und gemeinsam fortzuschreiten, so Stuberg. Dazu gehöre auch, dass sich die Kirchen mehr und mehr gemeinsam mit aktuellen Themen auseinander setzten wie beispielsweise die Bewahrung der Schöpfung und das Fortschreiten des Klimawandels.
Für Dr. Sternberg spielt hier vor allem die Frage eine Rolle, wie bereits heute mit den Menschen umgegangen wird, die schon jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind und keinen anderen Weg finden als aus ihren bedrohten Heimatregionen zu fliehen. Der Kirche obliege hier eine Verantwortung für die internationale Gerechtigkeit, so Dr. Sternberg. Neben dem Klimaschutz selbst sei es demnach auch unabdingbar, vor allem die Menschen im Blick zu behalten, die schon jetzt von der globalen Erwärmung unmittelbar bedroht werden. Er erachtet es deshalb für notwendig, dass in diesem Sinne auch die Einwanderungspolitik gestaltet werden müsse. Mit Blick auf die Debatte um das Einwanderungsgesetz in Deutschland verwies er darauf, den Grundsatz der globalen Gerechtigkeit bei der internationalen Arbeitsmigration zu berücksichtigen. „Man dürfe nicht in Entwicklungsländern hochqualifizierte Menschen abwerben. Auch das künftige Einwanderungsgesetz in Deutschland müsse so gestaltet werden, dass ein doppelseitiger Nutzen entsteht und kein Land und keine Gruppe benachteiligt oder ausgenutzt werde, so der Präsident des ZdK.
Zum Schluss des Gesprächs schauten Stuberg und Dr. Sternberg noch einmal gemeinsam auf das Jahr des Reformationsjubiläums, 2017, zurück. Dieses große Festjubiläum habe sich im Rückblick nicht als eine einseitig protestantische Feierlichkeit erwiesen. Vielmehr habe man das Jubiläum in ökumenischer Gemeinschaft begangen und einen starken ökumenischen Akzent gesetzt, der noch heute spürbar sei, so Dr. Sternberg. Auch Stuberg machte deutlich, dass man große Schritte aufeinander zu gemacht und gleichzeitig Mauern abgebaut habe. Dies lasse schon jetzt Hoffnung und Vorfreude auf den Ökumenischen Kirchentag in zwei Jahren erwachsen, den man in derselben ökumenischen Tiefe und Weite begehen werde.
Superintendent Peter-Thomas Stuberg und Prof. Dr. Thomas Sternberg im Gespräch.
Text & Fotos: Miriam Müller-Schewtschuk