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'Ich will Menschen zum Singen bringen'
Peter Scholl wird als Bach-Chor Leiter eingeführt

18.10.2019

Peter Scholl hat zum 1. Juli die Leitung des Siegener Bach-Chors übernommen. Der 35-Jährige hat außerdem die Nachfolge von Kirchenmusikdirektor Ulrich Stötzel als Kantor der Martini-Kirchengemeinde und Kreiskantor angetreten. Für den gebürtigen Neunkirchener ist die neue Stelle nach Studium und Arbeit als Organist, Pianist und Dirigent in Frankfurt am Main eine Rückkehr in die Heimat. Am 27. Oktober stellt er sich in einem Kantatengottesdienst um 10.30 Uhr in der Martini-Kirche mit dem Bach-Chor erstmals öffentlich vor. Am 3. November wird er dann um 10.30 Uhr in der Martini-Kirche von Superintendent Peter-Thomas Stuberg und Pfarrerin Ute Waffenschmidt-Leng feierlich in sein neues Amt eingeführt. Im Interview erzählt er, was er seinem Vorgänger zu verdanken hat und warum das Siegerland sich musikalisch nicht verstecken muss.

 

Sie haben in Ihrer neuen Stelle gleich drei Funktionen: Kantor der Martini-Kirche, Leiter des Bach-Chors, Kreiskantor. Welche Aufgaben gehören dazu?

Zurzeit sitze ich viel im Büro, schreibe Probenpläne, spreche Orchestermusiker für Konzerte an und schreibe Musikprogramme –zum Beispiel für das „Lux“-Klang-Licht-Konzert am 8. Dezember in der Martini-Kirche. Es ist spannend zu überlegen, welche Musik zum theologischen Inhalt passt, in dem Fall Licht. Natürlich bin ich auch für die musikalische Begleitung der Gottesdienste in der Martini-Kirche zuständig. Außerdem stehen Proben des Bachchors oder für Projekte im Kirchenkreis an – aktuell für das Chormusical „Martin Luther King“ im Februar. Einen Tag pro Woche bin ich in Frankfurt, wo ich an der Musikhochschule Chorleitung unterrichte.

Sie haben mit zwölf Jahren angefangen, Orgel zu spielen. Kein typisches Instrument für einen Jungen in diesem Alter, oder?

Tatsächlich wollte ich erst gar nicht Orgel spielen lernen. Ich habe Klavier gespielt und wurde in meiner Heimatgemeinde in Herdorf vom Organisten gefragt, ob ich Lust hätte, Orgelspielen zu lernen. Meine erste Reaktion war: Nein! Dann habe ich es doch mal probiert– auch aus dem Gedanken hinaus, dass man an der Orgel leichter mal auftreten und damit etwas Geld verdienen kann als am Klavier. Dass ich einmal Kirchenmusik studiere und hauptamtlich als Kirchenmusiker arbeite, hätte ich damals nie gedacht. Meine ersten Orgelstunden hatte ich in Siegen bei meinem Vorgänger Ulrich Stötzel. Über ihn bin ich zum Bach-Chor gekommen, in dem ich dann auch gesungen habe. Bei einem meiner ersten Konzerte habe ich gedacht: Da vorne stehen und den Chor dirigieren – das will ich auch. Mit 15 Jahren hat mich Ulrich Stötzel dann zu einem C-Kurs für Organisten und Chorleiter angemeldet, obwohl ich eigentlich viel zu jung dafür war. Als ich zum ersten Mal einen Chor dirigierte, habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir das macht.

In Ihrer neuen Stelle verbinden Sie beides: Die Arbeit als Organist und Chorleiter. Dafür sind Sie aus Frankfurt am Main zurück in Ihre Heimat gekommen, das Siegerland. Was kann das Siegerland musikalisch?

Das Siegerland kann musikalisch vieles sehr gut, und diese hohe Qualität war für mich ausschlaggebend, zurückzukommen. Das große Glück an meiner neuen Stelle ist: In der Martini-Kirche gibt es mit dem Bach-Chor einen tollen Chor und eine hervorragende Orgel, in die mein Vorgänger viel Arbeit gesteckt hat. Oft findet man entweder nur das eine oder das andere.

Bach ist nicht unbedingt das, was die meisten jungen Leute hören. Muss die Musik in Gottesdiensten moderner werden, um junge Menschen anzusprechen?

Es ist zu einfach zu sagen: Wenn die Musik moderner wird, dann kommen mehr junge Menschen. Dass oft wenig junge Leute im Gottesdienst sitzen, ist ein gesamtkirchliches Problem, das man im Kontext der gesamten Gottesdienstgestaltung sehen muss. Dazu gehört die Musik, aber auch die Predigt und der rote Faden. Ich finde es schön, wenn in der Kirche auch mal eine Band spielt, aber das heißt nicht unbedingt, dass dann alle mitsingen. Mir ist wichtig, dass Leute Musik nicht nur konsumieren. Viele trauen sich nicht, im Gottesdienst mitzusingen, und kennen es von zu Hause kaum, dass gesungen wird. Ich will, dass die Menschen einen eigenen Zugang zur Musik finden - und im besten Fall mitsingen. Dann wird der Gottesdienst zum Gemeinschaftserlebnis. Dazu braucht es gute Lieder, bei der Musik, Text und Aussage passen. Und die gibt es in der alten und der neuen Musik.

 

Interview und Foto: Jasmin Maxwell-Klein

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