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Frauen-Solidarität über Kontinente hinweg
Kirchenkreis-Vertreterinnen in Tansania

16.10.2019

Frauen aus Deutschland und Tansania tauschen sich aus, essen, singen und beten gemeinsam: Helga Hoffmann und Annemarie Klein aus dem Evangelischen Kirchenkreis Siegen sind im September nach Tansania gereist. Sie besuchten den Partnerkirchenkreis Magharibi auf Einladung der Frauen des KILWAG-Projekts, das aus der Partnerschaft entstanden ist. KILWAG steht für „Kibaha Lutheran Women Advancement Group“ (Gruppe zur Förderung von Frauen im ev.-luth. Kirchenkreis Kibaha, heute Magharibi). Das Motto: „Starke Frauen stärken Frauen“. Wie das in der Praxis aussieht, erzählt hier KILWAG-Koordinatorin Helga Hoffmann:

 

„Das KILWAG-Projekt gibt es seit rund 20 Jahren. Die 2013 verstorbene Magdalena Kröber aus Geisweid, Mitglied der Partnerschaftsgruppe, entwickelte mit tansanischen Frauen 1994 Ideen, wie Frauen ohne Berufsausbildung ein kleines Einkommen erwirtschaften können. In kleinen Gruppen in acht Gemeinden produzieren die Frauen z.B. Taschen, Batiken, Marmeladen, Spül- und Putzmittel und betreiben kleine Verkaufsläden. Der Gewinn fließt in die Finanzierung ihrer Projekte und ihre Familien. Im Kirchenkreis Siegen haben wir uns für die Finanzierung von Weiterbildungen für die Frauen eingesetzt. Bei den KILWAG-Frauen wird Solidarität großgeschrieben! Ebenso Demokratie: Jede Gruppe hat eine Vorsitzende, eine Sekretärin und eine Finanz-Verantwortliche. Diese wiederum haben Zilpa Mremi als Vorsitzende gewählt. Jede Frau zahlt einen Mitgliedsbeitrag und jede Gruppe zahlt einen Beitrag für den Verein, in dem KILWAG organisiert ist.

Bild: Die Frauen des KILWAG-Projekts verkaufen an Ständen ihre selbst hergestellten Produkte.

 

Und nun haben die KILWAG-Frauen uns eingeladen! Das Magdalena-Kröber-Hostel, auf das sie sich in den letzten Jahren konzentriert haben, soll nämlich jetzt schon, noch vor der kompletten Fertigstellung, in einem kleinen Bereich eingeweiht werden. Das Hostel soll künftig Mädchen und jungen Frauen, die weit entfernt von ihrem Elternhaus eine Sekundarschule besuchen, eine günstige und sichere Unterkunft bieten. Außerdem wollen die Frauen uns ihre weiteren Pläne vorstellen und wir wollen viel Zeit miteinander verbringen: uns kennenlernen (vor elf Jahren war ich zuletzt in Tansania, Annemarie Klein reist zum ersten Mal dorthin), uns austauschen über unsere jeweiligen Lebenssituationen, voneinander hören und Gemeinschaft haben.

Am Flughafen in Dar es Salam werden wir empfangen und herzlich umarmt. Zilpa, Stella, Aiche, Josaphat und Pfarrer Kyaka bringen uns nach Tumbi. Hier werden wir zwei Wochen lang bei Zilpa wohnen. Zum Müde-Sein bleibt keine Zeit, denn mit Gesang und Gebet werden wir schon erwartet, und nach dem Essen sitzen wir auf einer riesigen Matte im Schatten, stellen uns einander vor und sind sofort im Thema: die Situation von Frauen und ganz besonders von Witwen. Viele der KILWAG- Frauen sind verwitwet. Da fällt es manchmal schwer, den Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Umso mehr wollen die Frauen eigene Geschäftsideen umsetzen und Geld verdienen. Sie planen nun einen „Involvement Fund“, in den alle Mitglieder eine Einlage zahlen. Wenn genug eingezahlt ist, kann eine Frau ein Darlehen bekommen, das sie nach drei Monaten mit einer kleinen Zinssumme zurückzahlt. Dann kann die Nächste mit ihrem Finanzplan kommen. Wir sind beeindruckt, fragen und hören. Schon am ersten Abend ist Zilpa sicher: Eigentlich seien zwei Wochen viel zu kurz, wir müssten viel mehr Zeit haben!

Und diese zwei Wochen haben es in sich! Das Zusammensein mit den Frauen ist für Annemarie und mich ein Geschenk. Wir fühlen uns weniger als Gäste, eher wie Schwestern. Die Frauen haben unseren Besuch sorgfältig geplant. Ein besonderer Höhepunkt ist der KILWAG-Tag in Mlandizi. Hier schneiden wir feierlich das Band durch, und die KILWAG-Frauen nehmen den großen Raum des Magdalena-Kröber-Hostels in Besitz. Große, helle, glänzende Fliesen auf dem Boden, die Wände weiß gestrichen: Freundlich und einladend wirkt der Bau, der 14 Räume für je vier Bewohnerinnen vorhält. Die Frauen haben Unglaubliches geleistet. Pfarrer Kyaka ist mit Frau und Baby gekommen und hält eine Andacht. Es ist ein sehr berührender Moment. Die Frauen in blau-weiß gemusterten Kleidern sind sichtlich stolz!

Bild: Annemarie Klein (links) und Helga Hoffmann bei der Teil-Einweihung des Magdalene-Kröber-Hostels.

 

Dann die größte Überraschung: 26 Frauen fahren mit uns in den Ngorongoro-Krater. Dafür haben sie gespart! Sie fahren nicht nur auf eigene Kosten, sie laden Annemarie und mich ein und organisieren die 14-stündige Busfahrt, Hotel und Verpflegung! Sie gestatten uns aber, den Eintritt und die drei Jeeps für den Nationalpark zu übernehmen. Wir machen Furore! Als wir uns fürs Gruppenbild formieren, werden wir von weißen Touristen fotografiert. Es ist atemberaubend: Zebras, Gnus, Flusspferde, Löwen, Elefanten, Antilopen, die Landschaft und die Gemeinschaft von 28 Frauen! Jeden Tag folgen nun Besuche bei den KILWAG-Gruppen. Zum Beispiel bei Mama Lyatu, die uns ihr Fotoalbum zeigt: 1984, bei mir und meinem Mann zuhause, mit unseren Kindern auf dem Schoß. Erinnerungen steigen hoch und eine tiefe Dankbarkeit für die 40 Jahre andauernde Partnerschaft und Freundschaft zwischen den Kirchenkreisen Magharibi und Siegen, für all die Menschen, die uns geprägt und begleitet haben, und für Gottes Bewahrung während dieser Zeit.“

 

Foto oben: Helga Hoffmann (Mitte) mit den KILWAG-Frauen.

 

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