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Advent in kleinen Gesten
Rundfunkgottesdienst in der Haardter Kirche

2.12.2019

Gespannte Stille herrschte in der Haardter Kirche, bevor das kleine rote Lämpchen vorne auf dem Rednerpult anging. Das rote Licht bedeutete: Die Haardter Kirche war „on air“. Als das Licht aufleuchtete, um 10.06 Uhr, trat Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel vom Evangelischen Rundfunkreferat NRW ans Rednerpult. „Herzlich Willkommen zum Gottesdienst aus der Haardter Kirche in Siegen-Weidenau“, sagte sie nicht nur zu den Siegener Gottesdienstbesuchern, sondern auch zu Radiohörern in ganz Deutschland. Denn der Rundfunkgottesdienst des Deutschlandfunks kam am ersten Advent live aus Weidenau. Für die Gottesdienstbesucher vor Ort war deshalb manches anders als an anderen Sonntagen: zum Beispiel, dass der Gottesdienst nicht um 9.30 Uhr begann, sondern erst um 10.06 Uhr – nach den Radionachrichten. Oder dass anfangs noch nicht klar war, wie viele Strophen des Schlusslieds gesungen werden, damit die Sendung pünktlich zu den Nachrichten um 11 Uhr endet.

Nicht nur adventliche Vorfreude bestimmte den Gottesdienst, es ging auch um die dunklen Seiten der Vorweihnachtszeit. Eine Zeile aus Jochen Kleppers Adventslied „Die Nacht ist vorgedrungen“ diente dabei als Leitwort: „Gott will im Dunkeln wohnen und hat es doch erhellt“. „Die leuchtende Adventszeit und das bevorstehende Weihnachtsfest werden für viele Menschen zur Belastungsprobe“, sagte Pfarrerin Riedel. Was das praktisch bedeutet, berichtete Simone Weiß, Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle (EFL) des Evangelischen Kirchenkreises Siegen, in einem Wortbeitrag. Sie erzählte von Paaren, die darum ringen, wie sie nach ihrer Trennung mit ihren Kindern Weihnachten feiern können. Anderen werde in der Weihnachtszeit ein ungelöster Konflikt oder die Einsamkeit nach dem Tod eines geliebten Menschen besonders schmerzlich bewusst. „Nein, niemand muss mit seinen Sorgen allein sein – auch nicht in der Advents- und Weihnachtszeit“, sagte Weiß. Und wenn erst einmal niemand anderes in Sicht sei, sei die Beratungsstelle für diese Menschen da. Von wohltuender Gemeinschaft berichtete auch Helga Hoffmann, die viele Jahre in der sozialpädagogischen Familienhilfe der Diakonie gearbeitet hat. Jedes Jahr habe sie mit Müttern zusammen Adventskränze gebastelt und beobachtet, wie die Frauen danach stolz nach Hause gingen mit Kränzen, die vielleicht ein wenig mehr Licht und Wärme für daheim boten.

 

Bild: Helga Hoffmann berichtete von der Arbeit der sozialpädagogischen Familienhilfe der Diakonie.

 

Superintendent Peter-Thomas Stuberg rief in seiner Predigt dazu auf, das Licht des Advents auch in kleinen Gesten weiterzugeben. Paulus fordere in seinem Brief an die Römer die Gemeinde auf, ihre Nächsten zu lieben wie sich selbst, und betone: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.“ Das sei sehr pragmatisch, aber gerade deshalb hilfreich, sagte der leitende Pfarrer des Kirchenkreises. Diese „Liebe in kleiner Münze“ könne im Alltag praktisch in der Begegnung mit Mitmenschen gelebt werden. „Wenn ich dieser Liebe in kleinen Schritten Raum lasse, dann ist das ein Versuch, gegen alles hoffnungslos Erscheinende anzugehen“, sagte Stuberg. Kleine Gesten der Zuwendung lösten zwar nicht alles. „Aber im Kleinen leuchtet dann Großes auf“, sagte der Superintendent. Der Glanz des Advents werde auch im Ungelösten und Unfertigen sichtbar.

 

Bild: Für die musikalische Gestaltung sorgten das Collegium vocale und das Bachorchester.

 

Die Liturgie des Rundfunkgottesdienstes gestaltete Pfarrer Martin Hellweg, die Lesungen trug Presbyterin Svenja Rinsdorf vor. Musikalisch wurde der Gottesdienst stimmungsvoll begleitet vom Collegium vocale und Bachorchester unter Leitung von Kreiskantor Peter Scholl sowie Kirchenmusikdirektor Ulrich Stötzel an der Orgel. Nicht fehlen durfte dabei natürlich Jochen Kleppers „Die Nacht ist vorgedrungen“. Und am Ende des Gottesdienstes war dann noch so viel Zeit, dass die Gemeinde alle drei vorgesehenen Strophen des letzten Liedes singen konnte: „Macht hoch die Tür“.

Nachzuhören ist der Gottesdienst hier.

 

Bild oben: Superintendent Peter-Thomas Stuberg, Pfarrer Martin Hellweg, EFL-Leiterin Simone Weiß und Helga Hoffmann aus dem Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises gestalteten den Gottesdienst.

 

Text und Fotos: Jasmin Maxwell-Klein

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