News-Archiv
Kreissynode Siegen II
Familien heute
Theologische Stellungnahme zur Hauptvorlage
27.6.2013
Der Theologische Ausschuss des Evangelischen Kirchenkreises Siegen hat sich eingehend mit der Hauptvorlage der EKvW beschäftigt und eine 12-seitige Stellungnahme erarbeitet. Daraus entstand ein zweiseitiges Konzentrat, das der Synode zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. Der Ausschussvorsitzende Pfr. Dr. Detlef Metz stellte es der Synode vor.
Um es vorwegzusagen: Einer Meinung war man in der Siegener Synode hinsichtlich der theologischen Bewertung der Hauptvorlage, des Papiers des Theologischen Ausschusses und der Folgerungen nicht. Das war auch nicht zu erwarten. Den einen ging das Ausschusspapier in die richtige Richtung mit einer Ausweitung des Familienbegriffs. Andere sahen ihr Verständnis der biblischen Grundlage zunehmend aufgegeben.
Dennoch wurde das Positionspapier des Theologischen Ausschusses mit großer Mehrheit verabschiedet und machte sich den Inhalt zu eigen.
Positiv merkte der Theologische Ausschuss in seiner Stellungnahme an, dass die Kirchengemeinden, Referate, Einrichtungen ermutigt werden, ihre Arbeit weiter auf Familienfreundlichkeit zu überprüfen. Dabei sind unterschiedliche Familiensituationen und Familienwirklichkeiten im Blick zu halten. Angebote sollen entwickelt werden, die die Familien als Ganzes wahrnehmen, die verstärkt generationsübergreifend ausgerichtet sind und die an unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen adressiert sind.
Die Synode bat die Landeskirche, an dem Thema Familie weiterzuarbeiten und dabei zu berücksichtigen, dass der Vorrang theologischer Bestimmungen vor empirischer Analyse deutlich zum Ausdruck kommt. Ebenfalls soll stärker zum Ausdruck kommen das Potential der Rechtfertigungslehre gegenüber einer Funktionalisierung und Ökonomisierung der Familie mit den vielfältigen Leistungszwängen. Die Landeskirche wurde gebeten, Alternativen zu formulieren, die der elterlichen Erziehung ein größeres Gewicht zumessen. Zudem soll in der Gesellschaft dafür geworben werden, für die elterliche Erziehung zeitliche Freiräume zu schaffen und strukturelle Hilfen bereitzustellen. Die Synode bat die Landeskirche, das in der Hauptvorlage ausgedrückte Anliegen, auch die klassische Familie zu stärken, in ihrer Kommunikation erkennbar zum Ausdruck zu bringen und deren Beitrag für den Gemeindeaufbau in unserer Kirche und für das Zusammenleben und die Solidarität in unserer Gesellschaft zu würdigen.
Der Theologische Ausschuss hielt es aufgrund der unterschiedlichen Bewertung der Hauptvorlage für angezeigt, eine Biblische Orientierung zu formulieren. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Stimmen laut, die in der Hauptvorlage ein Verlassen der biblischen Grundlage sehen, weil die ein Familienverständnis, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, ausweitete. Metz bei seiner Einbringung kritisch: Wichtig war uns, dass theologische Bestimmungen den Vorrang behalten müssen, dass nicht einfach die normative Kraft des Faktischen regiert. Doch sind damit die Probleme noch nicht gelöst. Es stellt sich die Frage, wie mit biblischen Texten umzugehen ist. Hierzu hat der Theologische Ausschuss einige Grundsätze dargelegt.
Wenn wir nach biblischen Impulsen für das Thema Familien heute fragen, so das Ausschusspapier, müssen wir folgende Grundsätze beachten: Das eine Wort Gottes, dem wir zu vertrauen und zu gehorchen haben, ist Jesus Christus [Barmer Theologische Erklärung, Lehraussage der 1. These, abgekürzt Barmen I]. Die Bibel dagegen besitzt für uns deshalb Autorität, weil und insofern sie uns dieses eine Wort Gottes bezeugt. Dieses Zeugnis ist notwendigerweise ein geschichtliches. Die Wahrheit, die es verkündet, gibt es nicht losgelöst von einer konkreten Situation, in die sie hineingesprochen ist. Wenn das biblische Zeugnis also in anderen Zeiten und an anderen Orten fruchtbar und verbindlich bleiben soll, muss es immer wieder eine Gestalt gewinnen, die die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt und ernst nimmt. Maßstab für die Wahrheit ist und bleibt dabei das Evangelium von Jesus Christus.
Im Blick auf Ehe und Familie heißt das, zunächst einmal die Vielstimmigkeit und den geschichtlichen Abstand der biblischen Familienkonzepte und Wertmaßstäbe gegenüber den gegenwärtigen wahrzunehmen. Dies zu überspringen und biblische Aussagen eins zu eins auf unsere Verhältnisse zu übertragen, führt zu einer verzerrten Sicht sowohl auf die Gegenwart als auch auf die biblischen Texte. Nur wenn dies in ihrem historischen Kontext betrachtet werden, lässt sich entdecken, wie sie Lebensbedingungen, Lebensformen und Wertvorstellungen ihrer Zeit im Geiste des Gottes Israels und Vaters Jesu Christi prägen wollen.
Der Ausschuss zeigte beispielhaft anhand der Gottesbildlichkeit des Menschen nach (1. Mose 1, 2628), anhand des Begriffs Familie und familia dei bei Jesus und Paulus und anhand der Haustafeln ´des Kolosser- und Epheserbriefs auf, zu welchen Resultaten die Anwendung dieser Grundsätze führen kann.
Hier finden Sie die Kurzfassung der Stellungnahme des Theologischen Ausschusses
Hier finden Sie die ausführliche Stellungnahme des Theologischen Ausschusses
Text zum Bild oben: (Foto Karlfried Petri)
Am Stand des Theologischen Ausschusses wurden intensive Gespräche über die Hauptvorlage und die Ausschusspapiere geführt.