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Reformiertes Gemeindeforum Südwestfalen
Staat und Kirche in der zukünftigen Welt unserer Kinder
24.9.2014
Erndtebrück. Rund 40 Zuhörer aus Wittgenstein und Siegerland machten sich jetzt auf den Weg in die Evangelische Kirche Erndtebrück. Das zweimal im Jahr stattfindende Reformierte Gemeindeforum Südwestfalen hatte hier seine Zelte aufgeschlagen, ungefähr abwechselnd finden die Treffen mal in Wittgenstein, mal im Siegerland statt. Auch der Referent war Siegerländer. Der evangelische Theologe Dr. Matthias Schreiber stammt aus Fellinghausen und hält in der Staatskanzlei des Landes NRW in Düsseldorf den Kontakt zu den Kirchen, jüdischen Kultusgemeinden und sonstigen Religions- und Weltanschauungs-Gemeinschaften. Sein Thema: „Staat und Kirche in der künftigen Welt unserer Kinder“.
Eröffnet wurde der Abend von Dieter Kuhli, der Laaspher Pfarrer ist Vorsitzender des Trägerkreises „Reformiertes Gemeindeforum“. Mit einem weiten Blick und auf dem Fundament des Gesangbuch-Liedes 675 „Lass uns den Weg der Gerechtigkeit geh’n, dein Reich komme, Herr, dein Reich komme“ begrüßte er die Zuhörer. Kurz und bündig öffnete er den Horizont des Abends. Dieter Kuhli sprach von der fünften These der vor 80 Jahren verabschiedeten Barmer Erklärung, in der es auch heißt: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen Auftrag hinaus staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden.“ Genauso nannte er die gemeinsame Initiative des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz der Katholiken „Für eine erneuerte Wirtschafts- und Sozialordnung“ aus dem Frühjahr.
Ein Ball, den Wittgensteins Superintendent Stefan Berk als Erndtebrücker Gemeindepfarrer in seiner Andacht zur für diesen Anlass perfekten Tageslosung „Der Gerechte weiß um die Sache der Armen“ aufnahm: „Dieser Satz beschreibt in erstaunlicher Präzision den großen Rahmen des gemeinsamen Lebens von uns Menschen und so bildet diese Losung aus dem Buch der Sprüche auch den Rahmen für alle Gedanken, die wir uns über die Welt unserer Kinder, über das Verhältnis von Kirche und Politik, machen können. Gut zu wissen, dass wir das Rad nicht neu erfinden müssen, um Orientierung für unser Leben zu finden.“
Auf dieser Grundlage sprach der Referent eine Stunde lang ohne Manuskript vor allem über die Gegenwart. Dabei kamen vor: kirchliche Kindergärten, Boko Haram, Sonntagsarbeit, Sterbehilfe, Morgenandachten im Radio, unsere Freiheit in Abgrenzung zu den ganz anderen Zeiten in Nazi-Deutschland und DDR, Kinderarbeit, Fairer Handel, Waffenlieferungen in Krisengebiete, die Aufnahme von Asylsuchenden, Muslime, Integration und natürlich Demographischer Wandel. Seinen Vortrag schloss der Referent mit einem Johannes-Rau-Wort, das so beginnt: „Wenn Menschen meiner Generation mich fragen, was sie denn weitergeben sollten, dann sage ich ihnen dies: Sagt euren Kindern, dass euer Leben verdankt ist dem Lebenswillen Gottes.“ Die lange Aufzählung des früheren Bundespräsidenten endet: „Und sagt ihnen zu guter Letzt, dass die stete Bereitschaft zum Aufbruch die einzige Form ist, die unsere Existenz zwischen Leben hier und dem Leben dort wirklich ernst nimmt.“
Jens Gesper