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Mission im Wandel
Westfälische Missionskonferenz tagte
in Freudenberg-Büschergrund
18.3.2015
Die Westfälische Missionskonferenz tagte am vergangenen Wochenende (13./14. März 2015) im Ev. Gemeindezentrum Freudenberg-Büschergrund. Das Thema der Studientagung, an der auch Vertreter etlicher Kirchengemeinden aus dem Siegerland teilnahmen, lautete „Mission im Wandel“.
Der Missionswissenschaftler Prof. Dr. Henning Wrogemann, Kirchliche Hochschule Bethel/Wuppertal, gab am Samstagvormittag einen Einblick in die Entwicklung der weltweiten Christenheit, die aktuelle Missionssituation und die damit verbundenen Herausforderungen der deutschen christlichen Kirchen und ihrer Gemeinden.
Erst nach den 1960er Jahren, so der Missionswissenschaftler, sei das Christentum zur Weltreligion geworden. Er benennt die enorm gewachsenen christlichen Kirchen in Afrika und Asien, nachdem dort Christinnen und Christen die Mission in die eigenen Hände genommen haben. In West- und Ost-Europa dagegen sei eine zunehmende Säkularisierung zu verzeichnen. In den Niederlanden beispielsweise habe der Anteil der Christen in den 1960er Jahren etwa 95% betragen. Heute seien es weniger als 50%. Ähnlich sehe es in der anglikanischen Kirche aus. Die Zahl der Christen weltweit wird auf rund 2,5 Milliarden geschätzt. Davon sind über eine Milliarde Katholiken und etwa 500 Mio. gehörten zu den Pfingstkirchen. Die etwa 67 Mio. Lutheraner und 150 Mio. Reformierte weltweit sind dagegen eher kleinere Gruppierungen.
Wrogemann: „Es hat in der Geschichte des Christentums nicht annährend so viele Missionarinnen und Missionare gegeben wie heute.“ Die Kirchen in Südkorea hätten etwa 15.000 Missionare im Einsatz, 14.000 bis 16.000 Missionare arbeiteten in Indien. Die Redeemed Christian Church of God in Nigeria habe mehre Millionen Mitglieder und sei mit Kirchen in etwa 120 Ländern dieser Erde vertreten. Diese Kirche schicke Missionare nach Berlin, München, London und Paris. Solche transnationale missionarisch aktive Kirchen gäbe es viele und würden in Europa und den Medien völlig übersehen. Die Zahl der Missionare der Landeskirchen seien von etwa 1.500 in den 1970er Jahren zurückgegangen auf nach seiner Schätzung unter 250.
Der Missionswissenschaftler ging auf Themen der weltweiten Christenheit ein, die heute im Gespräch mit anderen Kirchen Bedeutung hätten. Dazu gehöre beispielsweise die Frage nach dem Umgang mit Heilungen und Exorzismen, die in vielen Kirchen der Welt eine große Rolle spielten, auch wenn die Europäer damit nicht viel anfangen könnten. Nicht das verkopfte Denken gewönne in diesen Ländern Menschen für den Glauben, sondern, empirisch belegbar, Heilungserfahrungen, die im Namen Christi geschähen. Die traditionellen Kirchen bei uns unterhielten medizinische und diakonische Angebote, die keine unmittelbare spirituelle Dimension hätten. Wrogemann berichtete von Pfingstgemeinden, die hochmodern eingerichtete Krankenhäuser betreiben, in denen zusätzlich zu einer optimalen medizinischen Versorgung beispielsweise Heilungsgebete angeboten werden. Solche Praktiken würden zunehmend auch in traditionellen Kirchen aufgegriffen. Es seien die Nöte der Menschen, denen man so begegne. Er rät zur Vorsicht im Umgang mit Pauschalurteilen. Auf diese Kirchen müsse zugegangen werden.
Der Missionswissenschaftler sieht keine Alternative zum Dialog auch mit anderen Religionen, mit Fragen nach dem Konsens und nach Kompromissen. Er machte aber deutlich, dass ein solcher Dialog nicht geführt werden könne, ohne christliche Glaubensüberzeugungen deutlich zu benennen. Mit Unverständnis reagierte der Referent darauf, dass in europäischen Kirchen die Bekehrung von Menschen zum christlichen Glauben mit Argwohn betrachtet werde. Die Bezeugung des christlichen Glaubens dürfe jedoch nicht besserwisserisch, mit einer kalten Wahrheit, die wie ein Skalpell schneide, erfolgen. Vielmehr seien liebenswerte und wertschätzende Begegnungen gefordert in einer Haltung, die nicht anders könne, als Jesus zu bezeugen.
Mission ist für Theologen eine oikoumenische Doxologie. Alle Welt solle in das Lob Gottes einstimmen, um Gott zu verherrlichen. Hierzu müsse überlegt werden, wie das Gespräch mit den Christen in Afrika und Asien aufgenommen werden könne. In Deutschland gehe es heute um die Frage nach der Kraft, „aus der heraus wir unsere missionarische Sendung leben und was uns trägt, in dem Wissen, dass alles kleiner wird.“ Sie komme „aus der Verherrlichung Gottes und der Vergewisserung wofür wir da sind.“ Dem ehemaligen Gemeindepfarrer ist es wichtig, danach zu fragen, wie andere Menschen die Christen und ihre Gemeinden wahrnehmen. „Merkt man uns an, dass uns das Lob Gottes Spaß macht.“ Deutlich stellte er heraus, dass Gott im Namen Jesu Christi verherrlicht werden wolle. Es müsse überlegt werden, wie und mit welchen Worten das gehe, ohne Andersgläubige vor den Kopf zu stoßen.
Nachmittags waren Workshops angeboten, die das Thema Mission in der Gesellschaft, in den Medien, in den Kirchengemeinden vor Ort und in ökumenischen Partnerschaften aufgriffen.
Mission und Weltverantwortung im Siegerland und Olper Raum
Bereits am Freitagabend stellte Superintendent Peter-Thomas Stuberg den auswärtigen Teilnehmern an der Missionskonferenz den Ev. Kirchenkreis Siegen vor. Pfr. i.R. Johannes Paehl und Hans Eisenberg schilderten die kreiskirchliche Partnerschaftsarbeit mit dem Kirchenkreis Magharibi in Tansania, in die mittlerweile acht Kirchengemeinden sowohl im Siegerland als auch in Tansania einbezogen sind. Regionalpfarrer Martin Ahlhaus vom landeskirchlichen Amt für MÖWe - Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung -, schilderte die Arbeit des kreiskirchlichen Synodalen Ausschusses für Partnerschaft, Ökumene und Weltverantwortung. Zusätzlich zum Kirchenkreis und den acht Kirchengemeinden gibt es nach Ausschussrecherchen vier CVJM-Partnerschaften zu YMCA in Ghana. Darüber hinaus bestehen etwa 10 Partnerschaften zu konfessionell unterschiedlich geprägten Gemeinden und Gemeinschaften in Afrika, Asien, Südamerika und Europa. 25 Verbindungen und regelmäßige Kontakte bestehen zu 15 Missionsgesellschaften, von denen einige ihren Ursprung und Sitz im Siegerland haben. 13 Weltläden bzw. Weltladen-Stände, zwei Arbeitskreise Fairer Handel und 13 Kontakte zu international arbeitenden Hilfswerken für Kinder, Kranke und Menschen mit Behinderungen zeugen von dem Bewusstsein notwendiger entwicklungspolitischer Aktivitäten. Ahlhaus: „Christen teilen ihren Glauben an Jesus Christus und teilen ihn anderen Menschen mit: Als Einladung zum Christsein, Dialog des Vertrauens und Teil der „Mission Gottes“, die auf den Shalom Gottes, das Heil und Wohl jedes Menschen zielt.“
Westfälische Missionskonferenz
Die Westfälische Missionskonferenz (WMK) ist heute eine Studiengemeinschaft für Weltmission. Sie sieht es als ihre Aufgabe, Möglichkeiten zu entdecken, wie die Mission Gottes im Leben der Menschen und im Leben der Kirchen weltweit Raum greifen kann. Gegründet wurde die WMK am 25. April 1911 in Hamm. Zuvor war die christliche Mission im 19. Jahrhundert in erster Linie eine Laienbewegung. Die Arbeit von Pfarrern und Landeskirchen war vielfach durch eine regionale Perspektive gekennzeichnet. Die Wirklichkeit jenseits der kirchlichen Grenzen spielte hier nur eine untergeordnete Rolle. Angesichts dieser Kirchturmpolitik schlug der Missionstheologe Gustav Warneck 1879 die Einberufung von regionalen Missionskonferenzen vor. Die Idee der Provinzial-Missionskonferenzen verbreitete sich rasch. Die ersten westfälischen Missionare wurden 1832 durch die Rheinische Missionsgesellschaft (RMG) in Wuppertal-Barmen nach Südafrika ausgesandt. Einer der Missionare war Georg Schröder aus Hilchenbach. Schröder hat in Südafrika auf den Missionsstationen Wupperthal und Saron gearbeitet. Er starb 1868 in Pella.
Heute arbeitet die WMK mit dem Amt für Mission, Ökumene und Weltmission der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Gossner Mission, der Herrnhuter Missionshilfe sowie der Vereinten Evangelischen Mission, Wuppertal, zusammen.
kp
Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)
Bild oben:
Prof. Dr. Henning Wrogemann gab einen beeindruckenden Überblick über die heutige Situation der Weltmission und den damit verbundenen Fragestellungen.