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Du sollst dir kein Bildnis machen
Ist das Bilderverbot heute noch relevant?
26.10.2015
Im Rahmen der Ausstellung „Horizonte entdecken – da berühren sich Himmel und Erde“ mit Werken des Wiesbadener Künstlers Eberhard Münch im Ev. „Gemeindezentrum mittendrin“ an der Talkirche in Siegen-Geisweid, ging es am vergangenen Dienstagabend um ein Thema, dessen sich besonders die reformierte Theologie annimmt. Das Bilderverbot der Bibel ist in 2. Mo. 20 formuliert: „Du sollst dir kein Gottesbild machen, keinerlei Abbild, weder dessen, was oben im Himmel, noch dessen, was unten auf Erden, noch dessen, was in den Wassern unter der Erde ist; du sollst sie nicht anbeten und ihnen nicht dienen; …. (Züricher Bibel)
Prof. Dr. Georg Plasger, Ev. Theologe an der Universität Siegen, ging der Frage nach, ob dieses Gebot heute überholt sei. Zunächst streifte er kurz das Alte Testament, die Kirchengeschichte und den Heidelberger Katechismus zu diesem Thema. Letzterer verbietet selbst Bilder zur Unterweisung von Analphabeten und befürwortet stattdessen die lebendige Predigt. Ein Bilderstreit entstand im achten Jahrhundert. Die Verehrer der Gottesbilder argumentierten: „Weil Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, hat Gott sich dort abbildbar gemacht. Selbst Martin Luther sei anfangs gegen die Verwendung von Bildern gewesen, habe sie aber geduldet, weil ihre Entfernung als eine Werkgerechtigkeit hätte verstanden werden können. Später habe er sich den Bilderbefürwortern angeschlossen. Im lutherischen Katechismus sei das Bilderverbot weggelassen.
Plasger ging auf die Predigt Karl Barths von 1935 in der Siegener Nikolaikirche ein, wo dieser auf das Bilderverbot einging. Barth habe nach der Ursache des Wunsches gefragt, von Gott Bilder haben zu wollen. Bevor ein Bild sichtbar entstehe, entwickle es sich in den Köpfen und Herzen. Und dies, obwohl es eigentlich nicht nötig sei. Gott habe in Jesus Christus gezeigt wer er sei.
Plasger: „Es besteht die Gefahr, Gott mit den eigenen Vorstellungen zu vermischen und zu verwechseln. Es müsse immer gefragt werden, wie ist richtig von Gott zu denken und zu reden.“
Die Bibel selbst redet in vielen unterschiedlichen Bildern von Gott, beispielsweise als Hirte, König, Henne, als Mutter oder Wächter. Diese Vielzahl verhindere es, Gott auf ein Bild festzulegen. Nach den Philosophen Max Horkheimer und Theodor Adorno sei das Bilderverbot dazu da, die Bilder davor zu schützen, mehr zu sein als nur Bilder. Das Bilderverbot, so Plasger, stärke die Unverfügbarkeit Gottes. „Das Bilderverbot hilft“, so der Theologe, „sich der Gefahr des Bildes und der Gottesfestlegung bewusst zu machen.“ Auch wenn Menschen nicht auf Gottesbilder verzichten können, weil sie eben Menschen sind, sind Bilder immer mit Vorsicht zu genießen. Plasger: „Darum gilt das Gebot ständig neu: Immer dann, wenn jemand grundsätzlich und für immer geltende Wahrheiten verkündet, haben wir Obacht zu geben, ob hier nicht ein System verkündet wird. Aber auch der Satz, es kann keine Wahrheit geben, kann zum System werden. Also gilt es, immer wieder zu prüfen.“
kp
Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)
Prof. Dr. Georg Plasger zeigte die Gefahr auf, Gott mit den eigenen Vorstellungen zu vermischen und zu verwechseln oder Gott auf ein Bild festzulegen.