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Als der Streit um die Bilder die Kirche spaltete
Pfr. Dr. PD Detlef Metz referierte im Gemeindezentrum mittendrin in Siegen-Geisweid
10.11.2015
Die Bilderkritik hat es schwer, sagte Pfr. Dr. PD Detlef Metz am vergangenen Dienstag (3. November 2015) zu Beginn seines Vortrags im Ev. Gemeindezentrum „mittendrin“ in Siegen-Geisweid. Wie Gott zu verehren ist, soll allein aus seinem Wort erhoben werden. Im Gottesdienst soll nichts vom Wort Gottes ablenken. Kein Bild kann Gott erfassen, kein Bild kann ihm entsprechen. Mit dieser Haltung sind die reformiert geprägten Christen im christlichen Umfeld in der Minderheit. Den schweren Stand der Bilderkritik erklärte der Theologe Metz mit der medialen Bilderflut und der Einschätzung, dass das Wort alleine es nicht richten könne, der Mensch visuelle Stützen bräuchte, aber auch mit dem heute wieder aktuellen Phänomen gewalttätiger, religiös motivierter Bildervernichtung.
Die unterschiedlichen Konfessionen haben eine unterschiedliche Haltung gegenüber Bildern. Der römische Katholizismus verwendet Bilder, während der katholische Mönchsorden der Zisterzienser eher Zurückhaltung übt. Dagegen werden in der byzantinischen Orthodoxie Ikonen wertgeschätzt, die eine Form der Anbetung darstellen. Im Luthertum herrscht eine eher vermittelnde Haltung vor. Die Reformierten hingegen betonen das Verbot, Gott abzubilden, wie es in den 10 Geboten zum Ausdruck kommt. Daher hat der Heidelberger Katechismus eine andere Zählweise der 10 Gebote als Luthers Katechismus. In der Reformation erkannte man, dass die Argumentation, die Bilder seien die Bibel der Analphabeten, von der mittelalterlichen Kirche dazu benutzt wurde, die Gläubigen von der eigenen Bibellektüre fernzuhalten und mittels der Bilder die von ihr für allein maßgeblich gehaltene Auslegung der Bibel in sie zu transportieren. Man bemerkte, dass es hier um die Frage der Deutungsmacht und des Deutungsmonopols der Kirche ging, und begegnete dem mit einer Bildungsoffensive: Jede und jeder sollte lesen lernen; die Bibel sollte zu jedem Menschen direkt sprechen.
Die Anfänge der christlichen Kunst liegen im Dunkeln. Im Zweiten Jahrhundert entstanden christlich gedeutete Symbole wie das Lamm, die Taube, der Weinstock oder auch der Fisch als Symbol für die christliche Gemeinde. Auch in den Katakomben Roms entstanden in der Mitte des dritten Jahrhunderts eine christliche Bilderkunst, die Rettungsgeschichten zum Inhalt haben oder das Bild vom Guten Hirten.
Ab dem Ende des 3. Jahrhunderts sind Darstellungen Christi und ab dem 4. Jahrhundert Bilder mit Szenen aus der Passion zu finden, jedoch keine Kreuzesdarstellungen oder Kruzifixe. Vermutlich erst nach dem Jahr 500, so Metz, wurden Bilder zu Ikonen und die Verehrung von Bildern begann. Dies hänge auch mit Notzeiten zusammen, wie der Belagerung von Konstantinopel in den Jahren 626 und 717. Damals habe man Bilder von Christus und den Heiligen über die Stadtmauer getragen. Die Belagerung wurde abgewendet, was man auch den Bildern zuschrieb.
Der Widerstand gegenüber der Bilderverehrung kam mit Konstantin von Nakoleia (um 730) auf und wurde mit dem AT-Bilderverbot begründet. Mit Kaiser Konstantin V. verschwanden die Bilder an den Altären und in der Liturgie zugunsten der Eucharistie. Diese Bewegung der Bilderkritiker, Ikonoklasmus genannt, erhielt auf der Synode von Hiereia (754) Rückendeckung und eine theologische Begründung. Christus, der Logos, die zweite Person der Trinität, sei nicht darstellbar. Eine Darstellung des Menschen Jesu, losgelöst von seiner Göttlichkeit, sei ebenfalls nicht möglich, da er immer auch Gott sei. Es wurde betont, wer den Sohn Gottes darstelle, begehe eine Gotteslästerung.
Dem entgegneten die Bilderverehrer, Ikonodulen genannt, die dem Bild erwiesene Ehre gelte nicht dem Bild, sondern gehe auf das Urbild (Christus) über. Zwar werde dem Bild die Ehrerbietung erwiesen, die Anbetung gelte jedoch Gott. Ein führender Vertreter dieser Anschauung ist Johannes von Damaskus. Auch von ihm wird die Auffassung vertreten, dass Gott nicht darstellbar sei, aber in Jesus sei Gott wirklich Mensch geworden, sichtbar und damit darstellbar.
Unter Konstantins Nachfolger Leon IV. (775–780) gewinnen die Bilderbefürworter wieder Oberwasser. Es kommt zu einem zweiten Konzil in Nizäa (787) wo die Begründung, dass die dem Bild erwiesene Ehre auf das Urbild übergehe, bekräftigt wird. Über Jahrzehnte wird im Osten gestritten.
Die Hersteller orthodoxer Ikonen beachten das zweite Gebot (reformierte Zählung). Es gibt keine Ikone, die Gott-Vater darstellt oder auch den Heiligen Geist, so der Kirchenhistoriker Metz. Es wird auch keine Taube als Symbol des Heiligen Geistes abgebildet und auch nicht Christus als das Lamm. Das Urbild ist im Abbild geistig gegenwärtig. Es kommt aus der göttlichen Welt, wirkt im Abbild auf die Betrachtenden und nimmt sie durch dieses in eine Bewegung zum Göttlichen hin. Das Malen der Ikone ist ein geistiger Akt und erfolgt unter Fasten und Gebet.
Im Westen dagegen gelten Bilder als Unterrichtsmittel. Sie beinhalten die Darstellung von Geschichten. Der Franziskaner und Kardinal Bonaventura stellt fest, dass die Wirkung eines Bildes sich auf alle drei Seelenkräfte erstreckt: Es diene dem Geist, stärke den Willen zur Frömmigkeit und bleibe im Gedächtnis haften. Bis zum 15. Jahrhundert kommt dem Bild die gleiche Verkündigungsbedeutung zu wie dem Wort.
Für Luther ist das Bild ein Nebending. Er sieht die Gefahr, dass in dem Akt der Entfernung der Bilder eine neue Art der Werkgerechtigkeit entsteht, indem man meint, durch das äußere Abtun der Bilder Heiligkeit erlangt zu haben. Umgekehrt gilt ihm das massive Insistieren auf Entfernung der Bilder als dem Evangelium unangemessene Gesetzlichkeit. Die ihm als gefährlicher erscheinenden inneren Bilder hält Luther nur mit der Predigt für überwindbar.
Es kam im Jahre 1054 zur bis heute andauernden Kirchenspaltung in Ost- und Westkirche. Der Bilderstreit trug seinen Teil dazu bei. Die Anfänge der Trennung entstanden bereits im 9. Jahrhundert.
Abschließend geht Metz auf die Gefahr der Bilder ein. Bilder, so der Pfarrer, verselbstständigten sich allzu leicht und führten zu Festlegungen. Dies gelte sowohl im Hinblick auf Gott, aber auch für den Betrachtenden selbst. Auch er wird ja fixiert. Bilder hätten mit Macht und Deutungshoheit zu tun. Stattdessen verweise Gott uns an sein Wort, in dem er uns immer wieder neu begegne, sich selbst bekannt mache und sich an Menschen als lebendig erweise, indem er sie anrede, auf Zukunft hin, so dass sie sich selbst auch neu verstehen lernten.
kp
Text zum Bild oben: (Foto Karlfried Petri)
Pfr. Dr. PD Detlef Metz plädierte in seinem Vortrag dafür, Bildern, gerade weil sie suggestiv wirken können, kritisch zu begegnen und nach der dahinter stehenden Absicht und der zugrundeliegenden Botschaft zu fragen.