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Synode Evangelischer Kirchenkreis Siegen I
Bericht des Superintendenten
Grußwort Bürgermeister Bernhard Baumann
Grußwort Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller

1.7.2016

 

Im Sog der Leidenschaft Christi

Bericht des Superintendenten Peter-Thomas Stuberg

 

Das Bild der „lebendigen Steine“ nahm Superintendent Peter-Thomas Stuberg für seinen Bericht vor der Synode des Evangelischen Kirchenkreises Siegen am vergangenen Mittwoch, 29. Juni 2016, in der CVJM-Jugendbildungsstätte in Wilgersdorf auf, um die Besonderheit von Kirche aufzuzeigen. Im 1. Petrusbrief schreibt der Apostel den Gemeinden: „Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen war aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus aufbauen ...“ Der leitende Geistliche des Evangelischen Kirchenkreises Siegen führte vor den 114 Synodalen und etlichen Gästen anhand der Bildsprache dieses Wortes aus, „dass wir nicht als eine beliebige Organisation, als Interessenverband, als Freundeskreis zusammenhalten, der zusammenhält nach der Maßgabe seiner eigenen seelischen Kraft oder seiner Befindlichkeit oder gar Zuneigung. Wir sind als seine Gemeinde unterwegs. Bevor wir an Strukturen, Kooperationen, Fusionen, Finanzsatzungen, gemeinsame Arbeit gehen, erinnert es uns, dass ER uns längst zu seiner Kirche gemacht hat, bevor wir uns entschließen, es sein zu wollen. Allein, weil wir in den Sog der Leidenschaft Christi gestellt werden, Menschen zu suchen und zu finden – und wir zuvörderst gefunden sind.“ Stuberg bezeichnet die Kirche als sichtbare Institution und eben zugleich als eine unsichtbare geistliche Instanz. Die alten Kirchen, aus Bruchsteinen erbaut, lehrten in der Tiefe der Zeitläufe, dass unsere Zeit in Gottes Händen stehe. Die Kirche als Haus der lebendigen Steine benötige Gemäuer, müsse sich aber nicht krampfhaft an Mauern und Räumen festklammern. Stuberg: „Im Innern der Häuser ist Kirche EIN Haus aus lebendigen Steinen. Dieses Haus baut Gott innerhalb und jenseits unserer Mauern und Wände.“ Und mit einem zuversichtlichen Blick nach vorne: „Wir verschlanken unsere Strukturen in Siegen auf hohem Niveau. Mit 121.000 Gemeindegliedern sind wir zweitgrößter Kirchenkreis in Westfalen. Auch wenn manches aufgegeben werden muss, so können wir doch vieles noch erhalten, was seine lange segensreiche Geschichte hatte. Entscheidend bleibt, ob wir uns als lebendige Steine verstehen, die bleiben, weil Christus, der Eckstein, uns zusammenhält.“

 

Kirche hat viele Gesichter

Stuberg zeigt die vielen Gesichter der Kirche auf, die über die Gottesdienste am Sonntagmorgen hinausgehen. Dazu gehört der Religionsunterricht im Berufskolleg mit Kfz-Mechanikern, das nächtliche Telefonat in der Telefonseelsorge, die Beratung in der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle sowie in der Krankenhausseelsorge beispielsweise auf der Intensivstation. Und sie überrasche junge Leute, die bisher vielleicht wenig mit Kirche am Hut gehabt hätten, etwa bei der TeensNight. Im Altenheim verbinde Kirche Menschen aus verschiedenen Gemeinden zur Gemeinde. In der Partnerschaftsarbeit können Kirchengemeinden und Kirchenkreis einen weiten Blick über den eigenen Tellerrand werfen. Dabei mussten sich die Siegener von ihren tansanischen Gästen auch kritische Fragen gefallen lassen. Warum sind in euren Gottesdiensten so wenig junge Leute? In Tansania  stellen die unter Dreißigjährigen etwa 60 % der Besucher. Oder: Warum zeigt ihr so wenig von der Freude im Glauben? Wir haben in Christus selbst in schwierigen Zeiten doch Grund zur Freude! Stuberg dankte der Partnerschaftsgruppe unter der Leitung von Matthias Daub und Eckhard Bottenberg für ihre Arbeit, verbunden mit einem wichtigen Hinweis: „Wir brauchen im Kirchenkreis allerdings allmählich vor allem jüngere Menschen, die für dieses Arbeitsfeld langsam den Staffelstab übernehmen.“

 

Ökumenisches Miteinander

Die wachsende ökumenische Verbundenheit vor Ort hob Superintendent Stuberg in seinem Synodenbericht heraus. „Im Kirchenkreis bin ich sehr dankbar, dass wir einen regelmäßigen guten und sehr persönlichen Austausch miteinander haben. Wissen wir doch als Kirchen, dass wir gemeinsam Auskunft zu geben haben über den Grund der Hoffnung, der in uns ist. Das können wir am besten gemeinsam, werden wir doch längst schon als „die Kirche“ unterschiedslos von vielen Menschen wahrgenommen, die ihrer eigenen Kirche sehr fern stehen. Miteinander verstehen wir unsere konfessionelle Prägung als einen jeweiligen Beheimatungsort des Anderen. Wir haben uns zu respektieren gelernt und wir verkämpfen uns nicht so sehr beim Streit in der Lehre um eine objektiv gültige Wahrheit. Wir setzen auf das Verbindende und tragen das noch Trennende.“

 

Jugendarbeit

Die regionale Zusammenarbeit ist in Jugend- und Konfirmandenarbeit längst eingeübt. Die neuen Bezeichnungen von kirchlichen Angeboten für die jüngere Generation wie „4 gewinnt“, „TeensNight“, „Timotreff“ oder Church 4 you“ zeigten, was Jugendliche heute suchten und offenbar auch in der kirchlichen Jugendarbeit fänden: Begegnung mit anderen Jugendlichen und zugleich eine Auseinandersetzung mit den Inhalten des Glaubens. Die seien für diese Altersgruppe passend zugeschnitten, von ihnen selbst entwickelt und lüden zum eigenen Ausprobieren ein.

Dass Jugendliche nicht unbedingt mehr nur Wohnort und Kirchturm gebunden lebten, belege ein Hauskreis in der Region 5 (Freudenberg, Oberfischbach, Oberholzklau, Olpe und Trupbach-Seelbach). Unter dem Namen „Crew 5“ träfen sich die jugendlichen Mitglieder nicht im Gemeindehaus, sondern online im Chat. Unabhängig von Busverbindungen, Elternfahrdienst, oder eigenem Motorroller  diskutierten sie via Tablet, was Nachfolge Jesu heute für sie persönlich heiße.

Deutlich werde in den Berichten aus der Jugendarbeit aber auch, dass die räumlichen Erstreckungen der Regionen das gegenseitige Wahrnehmen und die Zusammenarbeit erschwerten.

 

Flüchtlingsarbeit

Zu einem festen Bestandteil zwischengemeindlicher  Arbeit ist die Flüchtlingsarbeit geworden. Hier, so Stuberg, sei nun die Integration der Flüchtlinge angesagt. Dem entspreche das neue Arbeitsfeld gut. Es werde immer strukturierter, vernetzter, professioneller und verbinde Gemeinden und übergemeindliche Dienste wie kaum ein anderes Arbeitsfeld. Etwa 2500 Beratungskontakte für Menschen mit Fluchtgeschichten hätten im vergangenen Jahr stattgefunden und etwa 740 ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende hätten sich in den eigens eingerichteten Fortbildungen weiterbilden lassen. 60 Erzieherinnen aus den 53 Kindertageseinrichtungen in den Kirchengemeinden und im Kirchenkreis hätten sich auf die neue Situation der Integration von Kindern aus Fluchtgebieten professionell vorbereitet.

Stuberg: „Kaum mehr zu zählen sind die vielen genannten und ungenannten Mitarbeitenden in den Gemeinden. Ich konnte mir selbst ein Bild davon machen, als ich in diesem Jahr Ehrenamtliche in das Haus der Kirche eingeladen habe. Sie schildern – trotz mancherlei Schwierigkeiten – sehr persönlich vor allem die intensiven Begegnungen auf Augenhöhe! Es wurden fast freundschaftliche Kontakte zwischen Einheimischen und Geflüchteten. Diese Menschen leisten oft ganz im Stillen die eigentliche Integration durch zwischenmenschliche Kontakte. Dafür ist ihnen herzlich zu danken!“

 

Übergemeindliche Dienste

Die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle blickt in diesem Jahr auf ihr 30-jähriges Bestehen zurück. Sie sei, so Stuberg, selbstverständlicher Bestandteil der kreiskirchlichen Arbeit. Jährlich würden in gut 1200 Beratungskontakten mit einzelnen Menschen anonym und verschwiegen professionell Wege beschritten, die den Betroffenen zu Auswegen werden könnten. Zusätzlich zu den eingesetzten Kirchensteuermitteln würden weitere finanziellen Hilfen benötigt.

Etwa 2500 Kinder wüchsen täglich in den 53 Kindertageseinrichtungen des Kirchenkreises und der Kirchengemeinden auf. Kaum eine kirchliche Arbeit geschehe so lange und nachhaltig und erreiche zugleich immer mehrere Generationen. Stuberg hält es für ein lohnendes Ziel, wenn die Kinder in den Einrichtungen neben vielen Fertigkeiten etwa 10 bis 15 Basistexte der biblischen Überlieferung kennen würden: Die Weihnachtsgeschichte, Passion und Ostern, der verlorene Sohn, Abraham, Isaak, Jakob, der Zöllner Zachäus, der barmherzige Samariter und etliche andere Geschichten könnten so zum Grundbestand im Leben der Kinder werden. Sie handeln von Vertrauen, menschlichem Versagen, Gottes Vergeben und in jedem Fall von seiner unverbrüchlichen Treue und Liebe zu uns Menschen. Welch einen Schatz geben wir Kindern damit auf den Lebensweg!“

Als evangelischer Träger nehme der Kirchenkreis Siegen subsidiär und doch mit eigenem Profil eine wichtige Bildungsaufgabe für das Gemeinwesen wahr. Diese müsse sich allerdings auch finanziell auskömmlich und verlässlich niederschlagen. Stuberg: „Wir geben unsererseits ja selbstverständlich unseren finanziellen Eigenbeitrag in die Arbeit hinein. Der echte Bedarf liegt aber höher. Zurzeit wird die tatsächliche Höhe der Refinanzierung im evangelischen Spitzenverband formuliert. Wir müssen den Rücken wieder freibekommen, damit wir qualitativ weiterhin gute pädagogische Arbeit leisten können und nicht ständig mit Fragen der betriebswirtschaftlichen Überlebenskunst beschäftigt sein müssen.“

In der Aussprache wurden die Kindertageseinrichtungen in kreiskirchlicher Trägerschaft thematisiert. Es ist Sand im Getriebe der Evangelischen Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Siegen (EKiKS). Es knirscht. Unmut machte sich in der Synode laut. Die mittlerweile auf über 400 Beschäftigte gewachsene Organisation funktioniert nicht so, wie es sein sollte. Die Organisationsstruktur ist der neuen Größe offensichtlich noch nicht gewachsen. Wenngleich Superintendent Stuberg anmerkte, dass in vielen Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis geräuschlos gute Arbeit geleistet werde, musste Verwaltungsleiter Oliver Berg Mängel eingestehen. Nun muss die Organisation und das Miteinander verbessert werden. Der Verwaltungsleiter will den Mitarbeitenden bessere Perspektiven bieten und mehr unbefristete Arbeitsplätze. Berg: „Ich hoffe, dass wir im zweiten Halbjahr wieder auf einem guten Weg sind.“

Auch im Evangelischen Gymnasium in Siegen-Weidenau wir Bildungsarbeit geleistet. Es ist eine der gefragtesten Schulen in Siegen, getragen vom Evangelischen Kirchenkreis Siegen und dem Kreis Siegen-Wittgenstein. Für das neue Schuljahr konnte ein Anmelderekord verzeichnet werden.  Stuberg: „Familien, die ihre Kinder hier anmelden, suchen bei uns ein wertebezogenes christliches Profil und sie erwarten zugleich, dass ihren Kindern eine umfassende Bildung zuteil wird, die sowohl kognitive wie soziale Kompetenzen miteinander verbindet.“ Seit über 52 Jahren hat der Kirchenkreis Siegen die Trägerschaft übernommen. Der Kreis Siegen hatte 1964 den evangelischen Kirchenkreis um die Übernahme gebeten und vertraglich vereinbart. In dem Vertrag verpflichtete sich der Landkreis zur Mitfinanzierung der Trägerkosten dieser Ersatzschule. Stuberg: „Wir setzen darum auf eine weiterhin verlässliche, auch finanzielle Mitträgerschaft durch unseren Landkreis.“

 

Innerkirchliche Zusammenarbeit

Es bleibe Auftrag der Kirche, so Stuberg zur nachbarschaftlichen Zusammenarbeit in den Gemeinden und Regionen, im Leben der Menschen präsent zu bleiben. Dazu gehöre auch die kirchliche Infrastruktur. Die Zahl der Gebäude und die Zahl der Pfarrstellen hätten dem bislang auskömmlich und segensreich entsprochen. Veränderungen müssten allerdings zur Kenntnis genommen und gestaltet werden. Superintendent Stuberg: „Sehe ich auf die Entwicklung des Pfarrdienstes in unserem Kirchenkreis, so werden wir im Laufe der nächsten zehn Jahre von unseren ca. 75 Pfarrerinnen und Pfarrern weitere 32 bis Ende 2026 in den Ruhestand verabschieden. Das ist ein gutes Drittel! Diese Lücke kann mangels nachrückenden Theologen nicht wieder komplett geschlossen werden.“ Schon in den vergangenen 12 Monaten wurden 7 Pfarrer in den Ruhestand verabschiedet, ein Pfarrehepaar wechselte nach Iserlohn und zwei Pfarrer gingen in eine andere Landeskirche. Eine Stelle in Wilnsdorf sei immer noch vakant. Nicht eine einzige Bewerbung sei bislang in der Superintendentur eingegangen. Fünf Stellen im Entsendungsdienst seien gestrichen worden. Zwei Pfarrerinnen davon wechselten in eine Pfarrstelle im Kirchenkreis. Nicht immer könnten Pfarrstellen, die frei würden, wiederbesetzt werden. Mindestens 2500 Gemeindeglieder müsse zurzeit eine Pfarrstelle aufweisen. Wo Pfarrstellen eingezogen werden müssten, seien die Pfarrer aus den umliegenden Gemeinden gefordert, diesen Dienst regional und übergemeindlich aufzuteilen, ohne sich hierbei zu überfordern. Die Gemeinden müssten flexibler werden. Stuberg: „Die Gestaltungsaufgabe der nächsten Jahre heißt darum: verstärkte Zusammenarbeit in nachbarschaftlicher Kooperation!“ Gleichzeitig gehe damit einher die größtmögliche Nähe im Quartier. Viele Gemeinden, so zeigt Stuberg anhand von Beispielen auf, seien schon auf einem guten Weg.

kp

 

Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)

Superintendent Peter-Thomas Stuberg warf in seinem Synodenbericht einen vielfältigen Blick auf die Arbeit in den Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis. Dabei kamen bevorstehende Personalentwicklungen und die regionale Zusammenarbeit besonders zur Sprache.

 


Grußwort Bürgermeister Bernhard Baumann

Es gäbe viele Verbindungen zwischen Kirche und Kommune in Neunkirchen hob Bürgermeister Bernhard Baumann in seinem Grußwort auf der Evangelischen Kreissynode Siegen hervor. Dazu gehörten drei Kindertageseinrichtungen sowie etliches in der Jugendarbeit und der Freizeitgestaltung. Mit der Kirche bestehe in Neunkirchen eine sehr starke Gemeinschaft. Hier seien Menschen gut aufgehoben und würden angenommen. Niemand brauche allein zu sein. Ein Miteinander-Füreinander-Tag zur Würdigung des Ehrenamtes hat in Neunkirchen einen hohen Stellenwert. Ohne Ehrenamt käme das gesellschaftliche Leben in vielen Bereichen zum Erliegen, so Baumann. Kirche und Kommune stünden gleichermaßen in der Herausforderung, einsparen zu müssen, ohne an Attraktivität zu verlieren. Die Flüchtlingsarbeit habe gezeigt, dass man mit dem Ehrenamt rechnen könne. Hier komme der Kirche eine besondere Rolle zu. Denn sie erinnere an Werte wie Menschlichkeit, Würde und Toleranz.

kp


 

Grußwort Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller

„Mit dem Ehrenamtskonzept liegen Sie im Kirchenkreis Siegen weit vorne“, betonte Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller in seinem Grußwort. „Ich finde es großartig, wie sie es auf den Weg bringen und Zeichen setzen. Kirche lebt von denen, die sich in den Dienst rufen lassen als mündige Christinnen und Christen.“

Möller geht auf die Reformationsdekade ein und berichtet vom Festival „Weite wirkt“. In Kürze werde im Internet Filmmaterial von Ereignissen und Vorträgen des Festivals verfügbar sein, das für die Gemeindearbeit verwendet werden könne.

kp

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