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Abschiede in Resignation
Pfarrer Peter Renschler-vom Orde, Gemeindesekretärin Silvia Müller und
vier Presbyteriumsmitglieder verabschiedet
13.7.2016
Den Samstagabendgottesdienst am 9. Juli in der altehrwürdigen Laurentiuskirche in Ferndorf wird die Kirchengemeinde so schnell nicht vergessen. Es war ein Gottesdienst der Abschiede aus Resignation.
Bevor der Ferndorfer Pfarrer Renschler-vom Orde von Superintendent Peter-Thomas Stuberg verabschiedet wurde, verabschiedete Renschler die langjährige Gemeindesekretärin Silvia Müller und auch die vier Presbyteriumsmitglieder aus dem Bezirk Ferndorf, die drei Tage vorher ihren Rücktritt erklärt hatten.
Es steht nicht gut um die Kirchengemeinde Ferndorf. Die Bezirke Ferndorf und Kredenbach samt Pfarrer sind zerstritten. Seit Jahren ist das Miteinander eher ein angespanntes Nebeneinander. Aus familiären Gründen zieht Pfarrer Renschler-vom Orde nun in den Kirchenkreis Lübbecke. Seine Ehefrau Lara, viele Jahre Pfarrerin im Entsendungsdienst im Evangelischen Kirchenkreis Siegen, hat dort bereits eine Stelle als Schulpfarrerin am Wittekind-Gymnasium übernommen. Mit der Ankündigung seines Weggangs wurden die breiten Gräben zwischen den Gemeindebezirken offensichtlich und öffentlich.
In seinem Abschiedsgottesdienst geht Renschler-vom Orde aus seiner Sicht auf die Konfliktsituation ein. Renschler-vom Orde: „Zu sagen ,Ich freue mich‘, fällt mir schwer. Aber in jedem Abschied steckt die Chance, dass etwas aufbrechen kann. Gott ist dabei. Ich wünsche der Gemeinde, dass sie künftig in etwas ruhigeres Fahrwasser kommt.“ Für ihn gilt es, nach fast 14 Jahren Abschied zu nehmen. Als er 2002 in die Kirchengemeinde gekommen sei, habe noch die Hoffnung bestanden, dass das Konkurrenzdenken zwischen den Gemeindebezirken und ihr Auseinanderdriften ein Ende nähme. Renschler-vom Orde: „Das Miteinander war von einigen nicht erwünscht und es wurde immer schlimmer.“ Für die Gemeinde sieht der scheidende Pastor derzeit nur wenig Perspektive. Es brauche jetzt viel Fantasie, Gespräche und guten Glauben. Er predigte über den bekannten Liedvers „Nehmt Abschied, Brüder, ungewiss ist alle Wiederkehr, die Zukunft liegt in Finsternis und macht das Herz uns schwer. Der Himmel wölbt sich übers Land, ade, auf Wiedersehn! Wir ruhen all in Gottes Hand, lebt wohl auf Wiedersehn.“ In jedem Abschied steckten Chancen, neue Wege zu gehen und Neues zu wagen. Das müsse nun auch die Gemeinde. Renschler-von Orde: „Es kommt jetzt auf Euch an, mutig mitzugestalten. Wenn viele mitmachen und sich einsetzen, kann es gelingen. Gott ist und bleibt der Herr der Kirche, auch wenn wir es manchmal vergessen.“
Gemeindesekretärin Silvia Müller verabschiedet
Renschler-vom Orde verabschiedete zunächst die Gemeindesekretärin Silvia Müller. Sie sei die gute Seele im Gemeindebüro gewesen. Für jeden und für alles habe sie ein offenes Ohr gehabt. In guter Weise habe sie vieles möglich gemacht und sich über das Maß für die Kirchengemeinde eingesetzt, nicht selten nach Feierabend ehrenamtlich. Sie hat gerne als Gemeindesekretärin gearbeitet. Aber um sich selbst zu schützen, hat sie gekündigt. Renschler-vom Orde: „Danke für alle Unterstützung, Gott segne Dich.“ Mit einem überaus kräftigen Applaus bestätigt die Gottesdienstgemeinde die Worte des Pfarrers. Und auch im Namen der Gruppen und Kreise wurde ein herzliches Dankeschön ausgesprochen.
Silvia Müller: „19 Jahre lang habe ich gerne im Gemeindebüro gearbeitet. Mir wird ein Stück fehlen. Es sollte so sein. Danke schön.“
Presbyteriumsmitglieder verabschiedet
Anschließend verabschiedete Renschler-vom Orde die zurückgetretenen Presbyteriumsmitglieder Monika Schindler, Martin Crevecoeur, Karin Jüngst und Falk Münker mit einem herzlichen Dankeschön für die geleistete Presbyteriumsarbeit. Martin Crevecoeur war 16 Jahre lang Presbyteriumsmitglied und hatte davon 9 Jahre das Kirchmeisteramt inne. Renschler-vom Orde: „Du warst ein hervorragender Presbyter und mir ein wertvoller Mensch.“ Das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Ferndorf ist nun nicht mehr beschlussfähig. Der Synodalausschuss des Evangelischen Kirchenkreises Siegen muss sehen, wie die Rechtskörperschaft wieder funktionieren kann. Wahrscheinlich wird ein Bevollmächtigtengremium zu bilden sein, der die Gemeinde über einen begrenzten Zeitraum leitet.
Superintendent Stuberg: Beschädigt sind alle
Deutliche Worte fand Superintendent Stuberg. Er griff den Lehrtext des Tages aus den Herrnhuter Losungen auf: „Wir setzen unser Vertrauen nicht auf uns selbst, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt … .“ (2. Korinther 1, 9)
Pfarrer Renschler-vom Orde habe sich als Pfarrer zwar als wichtig, nicht aber als Zentrum der Gemeinde verstanden. Die bestehe aus vielen Menschen, die der Gemeinde dienten mit der je eigenen Gabe, die ihnen verliehen sei. Stuberg: „So waren sie ein Pfarrer der leisen Töne. Sie haben den Ehrenamtlichen viel Raum zur Entfaltung geboten und ihnen Platz eingeräumt. Ihren Schwerpunkt haben sie in der Seelsorge gesetzt.“ Das heiße nicht, dass Renschler-vom Orde nicht auch öffentlich gewirkt habe, in den Ortsvereinen oder beim Open-Air-Gottesdienst. Der Freiwilligen Feuerwehr habe er als Gesprächspartner zur Verfügung gestanden und geholfen, traumatisierende Erlebnisse aufzuarbeiten. Als Notfallseelsorger habe er in schwierigen Einsätzen Betroffenen geholfen. Nun gelte es, Abschied zu nehmen. Stuberg: „Dass sie aber auch gehen inmitten eines schwierigen Klimas in der Gemeinde, das ist hinlänglich bekannt. Hier ist nicht der Ort zu analysieren, an wem diese atmosphärischen Störungen liegen, wo genau ihre Quelle ist, wer sie verursacht hat. Als Christen können wir nur beschämt bekennen: Wir sind unseren menschlichen Eitelkeiten, unseren taktischen Winkelzügen und unseren Verletzungen in der Gemeinde erlegen gewesen. Beschädigt sind alle. Die, die gehen und die, die bleiben.“
In dem heutigen Lehrtext sieht der Superintendent ein Geschenk, da er geeignet sei, Wunden zu heilen. Sein Tenor: Nicht WIR, sondern ER. Stuberg führte aus, dass unüberwindbar scheinende zwischenmenschliche Differenzen überwunden werden könnten, wenn es nicht mehr nur um uns gehe, sondern der gemeinsame Blick auf Jesus Christus gerichtet werde. Christus könne unsere zerbrochenen Scherbenhaufen wieder zusammenkleben. Im Vertrauen auf Gott, der selbst Tote ins Leben auferwecke, so der Superintendent, werde er auch uns zu neuem Leben erwecken, wo wir ihm versuchten, gehorsam zu entsprechen. Den menschlichen Unmöglichkeiten stellte der Theologe ein vertrauensvolles „Gott kann“ gegenüber.
Bleibt zu hoffen, dass den Bezirken der Kirchengemeinde dieses vertrauensvolle „Gott kann neues Leben erwecken“ widerfährt und ein gemeinsamer Neuanfang gelingt.
Pfarrer Volker Bäumer, bisher zuständig für den Bezirk Kredenbach, wird künftig alleiniger Pfarrer der gesamten Kirchengemeinde mit zurzeit 3.300 Gemeindegliedern sein.
kp
Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)
Ein Abschied mit Wehmut und Resignation aber in der Hoffnung, dass die ehemaligen Bezirke zu einer Kirchengemeinde Ferndorf doch noch zusammenwachsen.
Im Bild v. li.: Martin Crevecoeur, Karin Jüngst, Silvia Müller, Pfrn. Lara vom Orde, Pfr. Peter Renschler-vom Orde und Superintendent Peter-Thomas Stuberg.