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Erst seltsam fremd, jetzt gut befreundet

20.2.2017

Dass ausgerechnet zum Jubiläum einer evangelischen Gemeinde ein katholischer Bischof predigt, dürfte nicht allzu oft vorkommen. Gerade dieses starke Zeichen pro Ökumene und christliche Einheit wollten die Oberfischbacher aber am Festtag zum 675-jährigen Bestehen ihres Kirchspiels setzen – und hatten als Gastprediger den Bischof von Limburg, Dr. Georg Bätzing, eingeladen.

„Ich habe mit ganz großer Freude und ohne jedes Zögern zugesagt“, freute sich der Bischof, der aus Niederfischbach stammt und daher die fast vollbesetzte Kirche in heimischer Mundart begrüßte. In seiner Kindheit hätten Grenzen seine Umgebung bestimmt – Landes-, aber auch Glaubensgrenzen. „Damals hatten diese Grenzen ganz konkrete Auswirkungen auf das Leben von Menschen, ihre Lebensgestaltung und mögliche Partnerwahl.“

Gefühl der Fremdheit ist verflogen

Seine ersten bewussten Begegnungen mit Protestanten und seine ersten Besuche in deren „kahlen Kirchen“ hätten sich fremd und seltsam angefühlt. Erst durch regelmäßigen Kontakt und viele Gespräche sei man sich nähergekommen. „Mein ökumenischer Freundeskreis hat großen Anteil daran, dass ich Priester und schließlich Bischof geworden bin.“   

Bätzing entschuldigte sich für die Lieblosigkeiten katholischer Christen gegenüber Protestanten, auch in der heimischen Gegend. Das sei falsch und sündig gewesen. Nach Jahrhunderten gegenseitigen Misstrauens sei es erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten evangelische und katholische Christen in den vergangenen 50 Jahren entdeckt hätten. „Gott wird helfen, die Spaltung zu heilen, die durch menschlichen Hochmut und Schwäche auf beiden Seiten entstanden ist.“  

Und dann ging der Bischof noch weiter: „Wir katholischen Christen lernen viel von den Evangelischen und sind dankbar für die geistlichen Impulse der Reformation. Wir danken Gott dafür, dass es Sie gibt.“

Gottesdienst mit evangelischen und katholischen Elementen

Die Oberfischbacher hatten sich jedoch nicht damit begnügt, einen katholischen Gastprediger einzuladen: Der gesamte Gottesdienst stand sicht- und hörbar im Zeichen der Ökumene und verflocht evangelische und katholische Elemente. So begrüßte Pfarrer Michael Junk die Gemeinde mit „In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti“ und auch die Schriftlesung erfolgte auf Latein – wurde aber wiederum in evangelischer Tradition ins Deutsche übersetzt. Der Bach-Chor Siegen trug katholische Gesänge vor, darunter den Choral „Urbs beata Jerusalem“; die Männerstimmen sangen auch den gregorianischen Tagespsalm des Festsonntags.

Grußworte trugen der Superintendent des Kirchenkreises Siegen, Peter-Thomas Stuberg, und die Freudenberger Bürgermeisterin Nicole Reschke vor. Stuberg ermahnte die Gemeinde, die Gedanken an Versöhnung und Einigkeit weiterzutragen. „Denn jedes Jubiläum, jeder Blick in die Geschichte macht uns klar, dass wir nur eine Episode in der Reihe der Generationen sind, deren Aufgabe nur ist, hier und jetzt zu tun, was getan werden muss.“ Die Bürgermeisterin sprach über die Bedeutung von Heimat und appellierte an die Gemeinde, zusammenzuhalten und engagiert nach vorn zu schauen.  

Ein Bäumchen für den Bischof

Frei nach dem Lutherwort „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen“, schenkte Kirchmeister Erhard Bender stellvertretend für das Presbyterium dem Limburger Bischof ein Apfelbäumchen der Sorte Freudenberger Nützerling. Dieser soll im kommenden Frühjahr von einer Oberfischbacher Delegation in Limburg gepflanzt werden.

Für Spaß in der Kirche sorgten vor und nach dem Gottesdienst die Geschichten von „Willem und Gustav“, zwei echten Freudenberger Originalen. Die beiden waren in historischen Gewändern erschienen und erläuterten der Gemeinde in schönstem Platt ihre ganz eigene Weltsicht. Dazu gehört natürlich, dass das Holz der Arche aus dem Freudenberger Hauberg stammt und sogar Urmutter Eva eine geborene Freudenbergerin ist. Die Späße der beiden vertrieben der Gemeinde auch die Zeit bis zum Mittagessen, für das Frauen aus der Gemeinde mehrere Tische voller Salate, Gebäck und Getränke vorbereitet hatten. An den langen Tischen feierten die Oberfischbacher und ihre Gäste noch bis zum Nachmittag.
                                           
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Foto: Superintendent Peter-Thomas Stuberg (l.) und Pfarrer Michael Junk (r.) begrüßten den Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing zum Festgottesdienst in Oberfischbach.

Text und Fotos: Stefanie Bald

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