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Deutsche Gemeinden engagierten sich in Palästina
Entwicklungshilfespuren bis heute sichtbar
24.4.2018
„Deutsche im Heiligen Land“ heißt die Wanderausstellung, die noch bis zum 21. Mai in der Nikolaikirche Siegen zu sehen ist. Eröffnet wurde sie jetzt von dem Historiker und Geologen Dr. Jakob Eisler, Landeskirchliches Archiv Stuttgart, einem profunden Kenner der württembergischen Templer-Bewegung.
Die Ausstellung entführt die Besucher in die Zeit zwischen 1848 bis zum 1. Weltkrieg. Palästina war gering besiedelt. Etwa 200.000 Menschen lebten dort 1799, 90% davon waren Muslime und 10% Juden und Christen. Das Gebiet, unter osmanischer Herrschaft, lag am Rande des Interesses europäischer Mächte. Erst während der Reformzeit von 1839 bis 1878 öffnete sich Palästina und es habe das „Jahrhundert der Mission“ begonnen, heißt es in der Schrift zur Ausstellung. Zahlreiche amerikanische, englische und auch deutsche Missionsgesellschaften kamen nach Palästina. Darunter auch viele pietistische Templer aus dem Württembergischen. Eisler: „Die Templer hatten mit Missionieren nichts zu tun, sondern wirkten durch ihr vorbildliches Leben.“ Sie hatten Anteil am kulturellen Wandel des Landes, in dem es vormals keine Straßen und Brücken gab. Daher engagierten sie sich in den Bereichen Bildung, Diakonie, Städteplanung, Landwirtschaft, Handwerk und Industrialisierung. Es wurden Straßen gebaut und Entwässerungsanlagen. Ziegel wurden gebrannt, Druckereien eingerichtet und Holz verarbeitet. Schulen entstanden ebenso wie Krankenhäuser. Zeitweise waren um die 1200 Templer in Palästina, hat Eisler recherchiert. Es entstanden sieben Württembergische Dörfer, die heute noch bestehen und unter Denkmalschutz gestellt wurden. Die ersten deutschen evangelischen Missionare wurden 1846 von der Pilgermission St. Chrischona bei Basel nach Palästina geschickt. Ab 1868 kamen deutsche Siedler in das Land. Innerhalb von etwas über 100 Jahren verdreifachte sich die Bevölkerung in Palästina auf etwa 700.000 Menschen in 1914. Davon waren 100.000 Juden.
Auch Siegerländer beteiligen sich an der kulturellen Entwicklung des Landes. Spuren der Ausstellung führen zur Deutschen Zeltmission nach Geisweid. Hier hat Eisler vor Jahren das Archiv durchforstet. Die Deutsche Zeltmission engagierte sich damals mit der Evangelischen Karmelmission. Zur Gründung einer Missionsstation am Karmelberg bei Haifa wurde eine geeignete Grundfläche erworben. Es entstand ein Luftkurhaus, später ein neues, größeres Erholungsheim. Im Vogtschen Haus auf dem Karmelberg übernachtete laut Eisler auch der damalige Leiter der Deutschen Zeltmission Jakob Vetter bei einem Besuch in Palästina. Heute sei dort eine Stadtbücherei untergebracht
Etliche Gebäude aus der osmanischen Zeit existieren heute nicht mehr. Den Denkmalschutz für Gebäude aus dieser Zeit gebe es erst seit den 1990er Jahren, so Eisler.
Das die Wanderausstellung nach Siegen in die Nikolaikirche kam, ist dem Umstand zu verdanken, dass sich die Vertrauenspfarrerin des Jerusalemsverein Annegret Mayr und Jakob Eisler in Jerusalem trafen. Dort habe Eisler gesagt, die Ausstellung muss unbedingt nach Siegen kommen. Dies konnte nun verwirklicht werden.
Die Ausstellung „Deutsche im Heiligen Land“ und eine begleitende Vortrags- und Predigtreihe „Sehnsuchtsort Jerusalem“ ist noch bis 21. Mai in der Nikolaikirche Siegen, Pfarrstraße 2, zu erleben. Geöffnet ist die Ausstellung montags bis freitags 10-18 Uhr, samstags 10-12 Uhr und sonntags nach dem 10-Uhr-Gottesdienst.
Vorträge:
Montag, 7. Mai, 19 Uhr, Gemeindehaus Altstadt, Rabbiner Baruch Babaev, Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund „Jerusalem als Sehnsuchtsort aus jüdischer Perspektive“ (in Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e.V.)
Dienstag, 8. Mai, 19 Uhr, Gemeindehaus Altstadt, Gerhard Duncker, KR i.R., Deutsches Evangelisches Institut für Altertumswissenschaft des Hl. Landes (Vorsitzender des Fördervereins) „Warum engagiert sich die EKD für Wissenschaftliche Projekte in Jerusalem?“
Freitag, 11. Mai, 19 Uhr, Nikolaikirche, Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald), Vorsitzender des Jerusalemsvereins „Wem gehört das Heilige Land? Bibel und Politik zur Friedensfrage in Palästina“.
Montag, 14. Mai, 19 Uhr, Gemeindehaus Altstadt, Pfr. Dr. Andar Parlindungan, VEM Wuppertal „Al Quds im muslimischen Verständnis als Zeichen der Hoffnung auf Frieden im Heiligen Land“
kp
Text zum Bild: (Fotos Karlfried Petri
Bild oben:
Pfarrerin Annegret Mayr und Dr. Jakob Eisler beim Aufbau der Ausstellung in der Nikolaikirche Siegen.
Der Historiker Dr. Jakob Eisler ist ein profunder Kenner der württembergischen Templer-Bewegung.
Das Karmelmissionsheim nahe Haifa. Hier engagierte sich auch die Deutsche Zeltmission mit Sitz in Siegen-Geisweid.
Noch bis zum 21. Mai ist die Ausstellung in der Nikolaikirche zu sehen.