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Erstes Ökumenisches Siegener Frauenmahl begeisterte in der Siegener Martinikirche

11.9.2018

128 Frauen genossen am Freitagabend, 7. September, ein ganz besonderes Event in der Siegener Martinikirche. Sie waren eingeladen zum ersten Ökumenischen Siegener Frauenmahl. Eine vorher noch nie da gewesene Verbindung zwischen einem edlen gemeinsamen Abenddinner mit fünf Gängen und den Redebeiträgen ausgewählter Frauen zum Motto: „Mehr Leben ins Leben!“ Organisiert und liebevoll vorbereitet hatten diese Veranstaltung der Synodale Frauenausschuss des Ev. Kirchenkreises Siegen, die Katholische Frauengemeinschaft Deutschland – Bezirk Siegen-Wittgenstein, der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen e.V., der Soroptimist International Club Siegen und die Evangelische Martini-Kirchengemeinde Siegen. Ein Jahr lang haben Frauen aus diesen Vereinen geplant und organisiert und dabei ein abwechslungsreiches Programm kreiert. Die Karten für den vielversprechenden Abend waren bereits zwei Wochen nach Kassenöffnung ausverkauft. Die Idee, kulinarischen Genuss mit gesellschaftspolitischen Vorträgen zu vereinen, ist auf große Annahme gestoßen.

Die Veranstaltung begann um 18 Uhr und präsentierte den ankommenden Damen zunächst eine völlig veränderte Martini-Kirche. Anstatt der üblichen Bestuhlung zogen sich nun mehrere lange Dinnertafeln durch den Gottesdienstraum. In dieser ganz besonderen Atmosphäre kamen  Frauen aus dem ganzen Kreisgebiet zusammen um gemeinsam zu speisen und den Vorträgen zu lauschen. Pfarrerin Barbara Plümer aus dem Synodalen Frauenausschuss des Ev. Kirchenkreises leitete dabei durch den Abend. Nach wunderbar inszenierter Musik durch Saxophonistin Ann-Kathrin Hemmersbach und Pianist Marco Hoffmann, folgte bei Siegerländer Kartoffelbrot ein reger Austausch an den Tischen.

Den ersten Vortrag gestaltete dann Ite Gossmann, die nicht Wenigen im Raum bekannt war. Sie hat sich in den 70er Jahren mit der neu gegründeten Bürgerinitiative „Aktionsgemeinschaft Notunterkünfte“ in Siegen engagiert und unter anderem die damals prekären Verhältnisse in der Fludersbach öffentlich gemacht. Viele Jahre lang haben sich Menschen gemeinsam an dieser Bürgerinitiative beteiligt und durch Schulaufgabenhilfe, Bewohnerversammlungen und geschenkte Zeit die Not der Menschen in den Schlichtbau-Wohnungen gemildert. Die heute 91-Jährige hat das Motto des Abends „Mehr Leben ins Leben bringen“ praktisch umgesetzt und sich stets dafür stark gemacht, nicht nur für sondern vor allem mit den betroffenen Menschen selbst, Schritte in eine gewinnbringende Zukunft zu wagen. Dafür gab es großen Applaus und im Anschluss den nächsten Gang: Eine  herzhafte Gemüsebouillon. Den zweiten Vortrag gestaltete Anna-Maria Mette, lange Jahre stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD). Sie interpretierte das Motto mit dem Leitsatz der KFD „Leidenschaftlich glauben und leben“. Mit Freude gemeinsam aktiv sein und seine Gaben einbringen, sei hier die Umsetzung von „Mehr Leben ins Leben“. In der KFD engagieren sich rund 500.000 Frauen für Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Solidarität in Integrationsfragen, umweltpolitische Verantwortung und ökumenisches Handeln. Auch Anna-Maria Mette plädierte dafür, Kirche und Politik aktiv mitzugestalten und so „Mitten im Alltag in die Welt hinein zu wirken“. Auch sie erhielt zustimmenden Applaus für diese inspirierenden Worte.

Im Anschluss folgte der kulinarische Höhepunkt des Abends. Die Frauen erwartete ein kaltes Vorspeisenbuffet und vielfältige Hauptspeisen. Beim gemeinsamen Speisen blieb so auch viel Zeit für private Gespräche an den Tischen und einen angeregten Austausch.

Im zweiten Teil des Abends schloss sich ein Interviewdialog an, den Pfarrerin Ute Waffenschmidt-Leng und Britta Matthes miteinander führten. Britta Matthes lebt mit ihrem Mann und mittlerweile nur noch dem Jüngsten ihrer drei Kinder bei Bad Berleburg mitten im Wald auf einem kleinen Bio-Bauernhof, der nicht an das öffentliche Stromnetz oder die Wasserversorgung angeschlossen ist. Nahezu autark erwirtschaftet sie dort durch Milchviehhaltung einen Teil ihrer Grundversorgung. Die Familie lebt ganz bewusst „anders“ und abgeschieden vom „Radau der Stadt und den grellen Lichtern“. Für sie zählen Naturverbundenheit und der Einklang mit der Natur, auch wenn ein solches Leben manchmal Durchhaltevermögen fordert. „Dennoch treffe Britta Matthes mit ihren Worten und der Beschreibung des „Alternativen“ eine Sehnsucht, die viele Menschen in der heutigen Zeit überkommt“, so Pfr. Waffenschmid-Leng. Die Sehnsucht nach Einfachheit und Klarheit, sozusagen „Mehr alternatives Leben im Leben“.

Auch im Publikum war diese Sehnsucht ein wenig zu spüren und es gab großen Applaus für die 44-Jährige und ihren Mut zur „Alternative“.

Den vierten und letzten Redebeitrag des Abends gestaltete daraufhin Dr. Karin Miller-Schaake, Dermatologin aus Kreuztal. Sie engagiert sich seit vielen Jahren in der Initiative „Skin Health for Africa“, die im Südwesten Ugandas eine Hautklinik betreibt. Ihr bewegender Beitrag über die Lebensbedingungen in einem der ärmsten Länder der Welt, stellte vor allem die Situation der ugandischen Frauen in den Fokus. Teilweise bereits mit 12 Jahren verheiratet, erwartet viele Frauen in Uganda ein Leben in Unterdrückung, fernab von Würde und Gleichberechtigung. Der Wert ihres Lebens misst sich oftmals an der Anzahl der geborenen Kinder. Aids und HIV verbreiten sich aufgrund der Polgynie. Medizinische Versorgung kann der Staat nicht ausreichend finanzieren. Die Arbeit der Hautklinik kann jedes Jahr etwa 8000 Patienten dennoch eine Chance bieten. Sie eröffnet den Frauen „Mehr eigenes Leben im Leben“ und lässt wiederum den europäischen Besuchern deutlich werden, dass man trotz Armut Freude am Leben erleben kann.

Dr. Karin Miller-Schaake erhielt neben großem Applaus auch eine gesammelte Spende für die Hautklinik mit auf den Weg. Das Dessert des Ersten Ökumenischen Siegener Frauenmahles wurde im Anschluss ganz augenscheinlich unter besonderer und wieder neu erlebter Wertschätzung des hiesigen Wohlstandes gewürdigt.

Der Abend endete mit Musik und einem liturgischen Abschluss, den Gerhild Jung und Lina Wagner gestalteten. Vonseiten des Publikums gab es im Anschluss großes Lob für die Veranstaltenden, die das Erste Ökumenische Siegener Frauenmahl zu einem wirklichen Erfolg gemacht haben. Kulinarischer Genuss und gesellschaftspolitische Diskurse haben sich auf einzigartige Weise verbunden. Nun lässt sich abwarten, ob aus diesem gelungenen Auftakt wohl eine Tradition hervorgeht.

mmü

 

Bildzeile:
In der Siegener Martini-Kirchengemeinde trafen sich am Freitagabend rund 130 Frauen um beim Ersten Ökumenischen Siegener Frauenmahl in edler Atmosphäre zu dinnieren und gleichsam (kultur-)politischen Vorträgen zu lauschen, die das Motto „Mehr Leben ins Leben“ in den Blick nahmen. Foto: Miriam Müller-Schewtschuk. 

 

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