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Botschafter für die Gesellschaft sein
Kirchenkreise stellen sich auf Veränderungen ein

17.6.2019

Die Evangelischen Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein verändern sich, können den Wandel aber aktiv gestalten: Das zeigt die Studie zur Entwicklung der Kirchenmitgliederzahlen bis zum Jahr 2060, die der Juristische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dr. Arne Kupke (Foto), am Mittwoch im Gemeindehaus Ferndorf vorstellte. Im Kirchenkreis Siegen sinkt die Mitgliederzahl der Projektion zufolge von zurzeit rund 116.000 Gemeindegliedern in den kommenden 40 Jahren auf knapp 50.000. Der Kirchenkreis Wittgenstein, zu dem aktuell rund 32.000 Protestanten gehören, wird 2060 voraussichtlich noch rund 15.000 Mitglieder haben. In der gesamten westfälischen Landeskirche geht die Zahl der Mitglieder laut der Studie, die die Universität Freiburg im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz erstellte, von derzeit 2,24 Millionen auf rund 990.000 zurück.

„Diese Entwicklung stellt unser Selbstverständnis als Volkskirche auf die Probe“, sagte der Siegener Superintendent Peter-Thomas Stuberg. „Wir müssen neue Antworten finden auf die Frage, wie wir als kleiner werdende Kirche in der Gesellschaft leben und wirken.“

 

Vor Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Presbyterinnen und Presbytern der beiden Kirchenkreise, die zusammen den Gestaltungsraum 11 innerhalb der westfälischen Landeskirche bilden, verwies Oberkirchenrat Kupke darauf, dass zwei Drittel des Rückgangs demografisch bedingt sind. Sie liegen schlicht daran, dass die Bevölkerung langfristig schrumpft. Allerdings ist ein Drittel des prognostizierten Mitgliederschwunds darauf zurückzuführen, dass mehr Menschen die Kirche verlassen als eintreten und dass weniger Kinder getauft werden. Diese Entwicklung könne man aktiv beeinflussen, betonte Kupke. Die Kirche müsse den Menschen stärker zeigen und erklären, was sie für die Gesellschaft leiste. Dazu gehören etwa die Jugendarbeit, die Kirchenmusik, das Evangelische Gymnasium Siegen-Weidenau sowie die 45 Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis Siegen und sieben Kindertageeinrichtungen im Kirchenkreis Wittgenstein. „Wir sind ein guter Botschafter für die Gesellschaft“, unterstrich der Juristische Vizepräsident.

Mit dem Rückgang der Mitgliederzahlen gehen sinkende Einnahmen aus der Kirchensteuer einher. Wie Kupke erklärte, verliert die westfälische Landeskirche bis 2025 ein Fünftel und bis 2030 sogar ein Viertel ihres Kirchensteueraufkommens. Daraus ergäben sich neue Herausforderungen in den Bereichen Mitgliederbindung und Fundraising.

Auffällig ist laut Kupke, dass besonders viele Kirchenmitglieder ab einem Alter von 25 Jahren austreten. Offenbar verlassen viele junge Menschen die Kirche, wenn sie mit dem Berufseinstieg erstmals Kirchensteuer zahlen. Die Kirchen müssten sich daher fragen: „Inwiefern haben wir die 25-Jährigen auf dem Schirm?“, sagte Kupke. Zudem sollten sich die Kirchen besonders auch den rund drei Vierteln ihrer Mitglieder zuwenden, die sich nicht aktiv in ihren Ortsgemeinden beteiligen, empfahl der Oberkirchenrat. „Das ist ein missionarischer Anknüpfungspunkt.“

Der Siegener Superintendent Stuberg warb dafür, mit Augenmaß statt Panik auf die Studie zu reagieren. „Die Projektion zeigt, was vermutlich passiert, wenn wir nicht gegensteuern in den Bereichen, in denen wir gegensteuern können“, sagte der leitende Theologe des Kirchenkreises. Die Kirche lebe zurzeit in einer Infrastruktur, die noch aus der Zeit stamme, als die Mitgliedszahlen deutlich höher waren. „Unsere Gemeindehäuser und Kirchen sind ein Abbild der Kirche von damals.“ Zugleich hob Stuberg den Einsatz der Pfarrerinnen und Pfarrer hervor, die sich „mit hohem Engagement und in der Hoffnung auf den Segen Gottes“ bemühten, Kirchenmitglieder und Nicht-Mitglieder zu erreichen.

 

Text: Jasmin Maxwell-Klein

Fotos: Jens Gesper

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