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Synode III: Hauptvorlage „Flucht und Migration“

27.6.2019

Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) hat sich im Herbst letzten Jahres mit der Ausarbeitung der Hauptvorlage „Flucht und Migration“ einem Thema gestellt, das gegenwärtig und auch für die Zukunft richtungsweisend und zentral für unsere Gesellschaft ist und uns neu nach der Verantwortung unserer Kirche in diesem Zusammenhang fragen lässt. Der Ev. Kirchenkreis Siegen hat daraufhin in einem Stellungnahmeverfahren Ergänzungsanträge für diese Hauptvorlage erstellt, die auf der Synode von Synodalvikar Pfr. Volker Schubert eingebracht und zum Beschluss vorgelegt wurden. Diese nahmen vor allem die Themen Taufe, Kirchenasyl und Integration in den Blick.

 

So versteht die Synode des Kirchenkreises mit mehrheitlicher Abstimmung erstens, dass das Themenfeld „Flucht, Migration, Integration“ als eine dauerhafte Kernaufgabe von Kirche bearbeitet werden müsse. Gleichzeitig wünschte man sich von der Landeskirche für die Landessynode 2020 ein Konzept für die nachhaltige Stärkung und Entwicklung dieses Arbeitsgebietes auf organisatorischer, personeller und finanzieller Ebene.

 

Mit dem Blick auf den Aspekt Integration bat die Synode die EKvW zweitens darum, weiterhin dafür Sorge zu tragen, „dass geflüchteten Menschen auf deren Wunsch hin der christliche Glaube in Glaubenskursen etc. nahegebracht und Taufe ermöglicht wird“. Studierendenpfarrer Ralph van Doorn hatte sich in der Aussprache dafür eingesetzt, den Passus „auf deren Wunsch hin“ mit in die Formulierung aufzunehmen, da sonst Missverständnisse entstehen könnten ob Geflüchteten der christliche Glaube möglicherweise übergestülpt würde. Pfr. Martin Eckey aus der Kirchengemeinde Olpe bekräftigte ebenfalls noch einmal, dass es nicht um „Mission“ gehe, sondern darum, den vielen Geflüchteten, die in die Gottesdienste kämen und getauft werden wollten, eine Möglichkeit zu geben dies auch zu tun. Weiterhin sprach sich die Synode dafür aus dem Vorschlag nachzugehen, auch die Situation russlanddeutscher Immigrantinnen und Immigranten noch einmal neu in den Blicken zu nehmen. Man appellierte auch dafür, dass Beschäftigungsfelder im kirchlichen Bereich für geflüchtete Menschen geschaffen werden.

 

Bezug nehmend auf das Thema „Kirchenasyl“ bittet die Synode die EKvW drittens gleichzeitig, deutlicher als bisher die Interessen des Kirchenasyls als „ultima ratio“ für „…gleichberechtigte Mitbürger der Heiligen und Mitglieder von Gotteshaus Gemeinschaft“ (Eph. 2, 19) gegenüber den staatlichen Einrichtungen zu vertreten. Aus den beteiligten Kirchengemeinden kam die Rückmeldung, dass  die Kirchenasyle, die man in den letzten Jahren durchgeführt habe, für die geflüchteten Menschen so gut wie ausschließlich erfolgreich ausgegangen seien und häufig eine andauernde Integration hervorgerufen hätten. Dies könne, so der einbringende Synodalvikar Pfr. Volker Schubert, nicht hoch genug eingeschätzt werden.

 

Außerdem unterstützt die Synode, viertens, den Palermo-Appell. In dieser Erklärung fordert die Evangelische Kirche Deutschland mit Blick auf die nach wie vor zahlreichen Todesopfer im Mittelmeer gemeinsam fünf Punkte:

  1. 2019 darf nicht zu einem verlorenen Jahr für die Seenotrettung im Mittelmeer werden.
  2. Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung muss ein Ende haben. Jetzt!
  3. Seenotrettung muss auch eine staatliche Aufgabe bleiben. Was ist aus der europäischen Seenotrettung geworden? Deutschland sollte hier ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden!
  4. Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung, einen vorübergehenden Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Viele Städte und Kommunen in Europa wollen „Sichere Häfen“ sein! Lassen wir das Realität werden!
  5. Wir brauchen in der EU eine „Koalition der Willigen“, die jetzt handelt und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt. Denn Menschen ertrinken lassen oder in die Lager Libyens zurückschicken, kann keine Option für Europa sein.

    (Quelle: www.ekd.de)

Die Synode des Ev. Kirchenkreises Siegen unterstützt ausdrücklich die Bemühungen der EKD, das Sterben von Geflüchteten im Mittelmeer konkret durch Seenotrettung sowie durch eine zukunftsfähige Migrationspolitik zu beenden.

 

Dirk Hermann, Referent für Freiwilligendienste der Diakonie, brachte zusätzlich zu diesen bisher gefassten Beschlüssen den Ergänzungsvorschlag ein, auch die Situation der Geflüchteten in den Blick zu nehmen, die aufgrund von Dissertation und Fahnenflucht, sprich aufgrund von  Kriegsdienstverweigerung, in ihren Ländern verfolgt wurden und nun in Deutschland Schutz suchen.

Die Synode setzte sich vor diesem Hintergrund mit Mehrheit dafür ein, dass diese Fluchtmotive von der Landeskirche, ihren Kirchenkreisen und Kirchengemeinden in die innerkirchliche und gesellschaftliche Diskussion eingebracht werden sollten. Die Solidarität mit denjenigen, die aus Glaubens- oder Gewissensgründen von dem geltenden Menschenrecht, den Dienst an der Waffe zu verweigern, Gebrauch machen und vor Sanktionen fliehend zu uns kommen, sei Aufgabe der Kirche Jesu Christi, so das mehrheitliche Verständnis der Synodalen.

 

Pfr. Raimar Leng sprach sich zusätzlich noch einmal dafür aus, ebenfalls die Situation der afghanischen Geflüchteten in den Blick zu nehmen. Vielen, von dort aus katastrophalen Zuständen fliehenden vorwiegend jungen Männern, werde hier in Deutschland lediglich ein befristeter Schutz gewährt, der in den meisten Fällen mehrere Male und stets kurzfristig verlängert werde. Dies setze die Geflüchteten aus Afghanistan unter starken psychischen Druck, da stets die Gefahr bestehe, wieder abgeschoben zu werden. Auch hier sei es Aufgabe der Kirche, genau hinzusehen und sich für diese Menschen einzusetzen, auch gegenüber staatlichen Organen, forderte Pfr. Leng.

 

Synodalvikar Pfr. Volker Schubert stellte die Ergänzungsvorschläge zur Hauptvorlage der EKvW vor.

 

Dirk Hermann, Mitglied des KSV und Referent für Freiwilligendienste bei der Diakonie Südwestfalen, verwies auf die besondere Situation vieler junger Männer, die in ihrem Heimatland den Dienst an der Waffe verweigerten und daraufhin aus Furcht vor Konsequenzen ihre Heimat verlassen müssten.

 

 

Text: Miriam Müller-Schewtschuk

Titelbildrechte: Evangelische Kirche von Westfalen

Fotos: Miriam Müller-Schewtschuk/Lana Hasenbusch

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