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Die Begegnung steht im Zentrum
Tansania-Partnerschaft besteht seit 40 Jahren
6.7.2020

Wie lange wird eine Partnerschaft zwischen zwei Kirchengemeinden in Deutschland und Tansania wohl halten? Das fragte die Partnerschaftsgruppe der Evangelischen Kirchengemeinde Weidenau Pfarrer Dietrich Hempel kurz nach ihrer Gründung. Hempel, damals Pfarrer im Gemeindedienst für Weltmission und Ökumene in Südwestfalen, und ein tansanischer Kirchenpräsident hatten gerade Kontakt zwischen Weidenau und der Kirchengemeinde Tumbi nahe Daressalam hergestellt. Wenn die Partnerschaft fünf Jahre halte, sei das ein Erfolg, antwortete Hempel. Das ist nun 40 Jahre her – und die Partnerschaft besteht noch immer. Nach ihrer Gründung wurde sie bald auf die Kirchenkreise Siegen und Magharibi ausgeweitet, zudem bestehen heute insgesamt acht Partnerschaften auf Gemeindeebene.
Das 40-jährige Bestehen sollte im Juni eigentlich mit dem Besuch einer tansanischen Delegation und einem großen Festgottesdienst gefeiert werden. Die Corona-Pandemie machte das unmöglich. Die Feier wolle man nachholen, sobald die Lage in beiden Ländern es zulasse, versichert Matthias Daub, Vorsitzender der Siegener Kirchenkreis-Partnerschaftsgruppe.
Besuch einer tansanischen Delegation in Siegen 2016. Der diesjährige Besuch musste wegen Corona abgesagt werden. Foto: Karlfried Petri
Ein kleiner Trost ist die frisch gedruckte Chronik, die auf 40 Jahre Partnerschaft zurückblickt. Das mehr als 100 Seiten starke gebundene Buch mit vielen Fotos ist gegen eine freiwillige Spende bei allen Partnerschaftsgruppen sowie bei Matthias Daub (Tel.: 017640438532) erhältlich.
Das Besondere an der Partnerschaft sei, dass sie von Anfang an nicht auf den Transfer von Geld ausgerichtet sei, sagt Daub. „Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Christinnen und Christen verschiedener Kulturen.“ Mittlerweile gebe es zwar auch Projekte für Bildung und Entwicklung. „Aber das ergab sich aus der Beziehung heraus und hat nicht am Anfang gestanden.“ Am Anfang stand für die erste Partnerschaftsgruppe in Weidenau im Übrigen auch nicht etwa ein Flug nach Tansania, sondern viel Bildungsarbeit. Helga Hoffmann engagiert sich in der Partnerschaft, seitdem Pfarrer Dietrich Hempel 1980 den ersten Kontakt vermittelte. „Wir wollten damals sofort mit der Partnerschaft anfangen“, erinnert sie sich. „Aber Dietrich sagte: Nein, erst müsst ihr etwas lernen.“ Also bildete sich die Gruppe fort: über die theologischen Grundlagen von Partnerschaft, Geschichte und Politik von Tansania und afrikanische Theologie. Erst nach zwei Jahren, vielen Seminaren und Briefen kam der langersehnte erste Besuch aus Tansania ins Siegerland. Heute besuchen sich die Gruppen alle zwei Jahre im Wechsel. Und auch heute wird jeder Besuch intensiv vor- und nachbereitet. Ziel sei, eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu erreichen, sagt Hoffmann. „Wir haben viel, was uns trennt: Klima, Kultur, Lebensumstände. Aber uns eint der Glaube an Jesus Christus.“ Es gehe darum, die anderen Menschen so wertzuschätzen, wie sie seien, und sie nicht zurechtzubiegen.
Matthias Daub, Vorsitzender der Siegener Kirchenkreis-Partnerschaftsgruppe, bei einem Besuch in Tansania mit Timothy Magembe und Daniel Anania. Foto: privat
Das gilt auch bei den Projekten, die inzwischen aus der Partnerschaft erwachsen sind. So wird der Kibaha Education Fund, der Stipendien an tansanische Schüler vergibt, in Tansania selbst verwaltet. Und beim KILWAG-Projekt werden Frauen durch Weiterbildung in die Lage versetzt, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Manchmal fließe übrigens auch Geld von Tansania ins Siegerland, ergänzt Matthias Daub: Als die Gemeinde in Kredenbach ein Dach renovieren musste, sammelte ihre Partnergemeinde Mkuza kurzerhand Geld und beteiligte sich an den Kosten.
Fast neidvoll schauen die Siegerländer auf die Kirchenmitgliedszahlen in Tansania. „Während unsere Gemeinden schrumpfen, wachsen die Kirchen in Tansania“, berichtet Johannes Paehl, Pfarrer in Ruhestand und seit den 90er Jahren in der Partnerschaft aktiv. Hier Impulse aus Tansania noch stärker im Siegerland aufzugreifen, wünscht er sich für die Zukunft der Partnerschaft – ebenso wie Verstärkung durch jüngere Menschen. Derzeit ist ein Jugendbegegnungsprogramm in Planung. Auch Kontakte zwischen dem Evangelischen Gymnasium in Weidenau und einer tansanischen Schule sind bereits geknüpft. Gerade für junge Menschen könne die Partnerschaftsarbeit viel Relevanz haben, sagt Paehl und verweist auf die „Black Lives Matter“-Bewegung. „Im Grunde ist Partnerschaftsarbeit Anti-Rassimusarbeit“, sagt der Pfarrer. „Rassismus kann man nur bekämpfen durch Begegnung.“
Bild oben:
Die frisch gedruckte Chronik blickt auf 40 Jahre Partnerschaft zurück. Grafik: Rolf Becker/Kirchenkreis