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Junge Frau aus Struthütten engagiert sich als Freiwillige im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos

27.8.2020

Amira Ehrhardt arbeitet als Freiwillige seit 1. März für die griechische Hilfsorganisation EuroRelief im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Auf Einladung des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen berichtete sie jetzt im unter Corona-Vorgaben voll besetzten Gemeindezentrum Rödgen über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Hintergründe im Camp auf Lesbos. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Ev.– Ref. Kirchengemeinde Rödgen-Wilnsdorf organisiert, die gemeinsam mit der Frauenhilfe Mund-Nasen-Masken für die Menschen auf Lesbos näht. Sonja Sabel und Heike Henrichs-Neuser begrüßten die Referentin und freuten sich über das große Interesse an dem Leben der Menschen im Camp Moria auf Lesbos.

 

Nach einem Urlaub bei der Familie in Struthütten geht es am 1. September wieder nach Griechenland zurück zu ihrem Team nach Moria. Amiras Herz brennt für die Menschen im Camp, das spüren die Anwesenden deutlich während des Vortrags und der anschließenden Diskussion. Lebhaft berichtet die 27-Jährige, dass die gute Gemeinschaft und der Austausch in ihrem Team ihr dabei helfen würden, die Belastungen auszuhalten. Die ersten zwei Wochen seien schwer für sie gewesen. Doch wie viele andere Freiwillig auch, entschied sie sich schließlich, deutlich länger zu bleiben als geplant – auch, weil aufgrund von Corona für einige Wochen kaum Freiwillige auf die Insel reisen konnten.

EuroRelief versucht, besonders Schutzbedürftigen Menschen im Camp zu helfen, wie allein reisenden Frauen, Müttern und Kindern. Die meisten seien traumatisiert von der Flucht oder den Erfahrungen in ihren Heimatländern.

Die Menschen im Camp leben auf engstem Raum in Zelten, Hütten oder Baracken. Das Lager war ursprünglich für 3.000 Menschen vorgesehen. Im Frühjahr dieses Jahres waren es zwischenzeitlich mehr als 20.000, die im Camp und in den umliegenden Olivenhainen lebten. Auch im August ist das Lager mit 13.000 Menschen immer noch überfüllt.

 

Bild: Auf dem Weg durch das Camp Moria

 

Warum fliehen Menschen?

Amira Ehrhardt nannte Fluchtursachen wie Krieg, Terrorismus, Gewalt, Menschenrechts-verletzung, Armut, Hunger, Klima und Umwelt. Auf einer Karte zeigte sie die klassischen Fluchtrouten nach Europa. Ein großer Teil der Geflüchteten im Camp kommen aus Afghanistan, Syrien, Somalia und dem Kongo, wo seit Jahren Krieg und Menschenrechtsverletzungen herrschen. Weltweit sind fast 80 Millionen Menschen auf der Flucht. Rund 50 Prozent von ihnen sind Frauen und Mädchen, die meisten sind von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. Sie wurden zum Teil schon zu Hause, häufig auf der Flucht oder auch in Flüchtlingscamps vergewaltigt.

 

Womit verbringen die Menschen im Camp ihre Zeit?

Mit Warten, berichtet Amira. Die Menschen stehen häufig stundenlang Schlange: zum Essen holen, zum Waschen, Toilettengang, beim Arzt. Überall gibt es lange Wartezeiten wegen der Überfüllung des Camps. Eigentlich werden im Camp auch Schulunterricht oder Sportkurse von verschiedenen Organisationen angeboten, aber aufgrund der Corona-Maßnahmen können diese momentan nicht stattfinden.

Amira berichtet bewegende Geschichten einzelner Frauen, teilweise entstehen während der Zeit im Camp Freundschaften, die auch nach der Weiterreise weiterbestehen.

Viele, die eine Erlaubnis oder den entsprechenden Status zur Weiterreise erhalten, versuchen nach Athen zu kommen. Doch auch dort sehen sich die Menschen mit verschiedenen Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Häufig müssen sie sich selbst eine Wohnung und Arbeit suchen. Beides ist knapp in Griechenland und der Zugang dazu häufig für Geflüchtete noch schwerer als für Einheimische, auch weil viele kein Griechisch sprechen. Einige Frauen sehen ihre einzige Möglichkeit etwas Geld zu verdienen daher in der Prostitution.

 

Wie können wir helfen?

Diese Frage bewegte die Anwesenden sehr. Sicherlich gebe es die Möglichkeit, im Camp mitzuarbeiten. Mehr als 1.000 Freiwillige pro Jahr arbeiten in der Regel mit Eurorelief, die auch dringend gebraucht werden. Amira Ehrhardt betonte aber auch, dass wir nicht erst zum Helfen nach Lesbos reisen müssen. Sie nannte fünf Punkte als Vorschlag für eine konkrete Hilfe:

1. Aufmerksam auf die Situation der Geflüchteten machen,

2.Menschen mit Liebe und Mitgefühl begegnen,

3. sich dort engagieren, wo die geflüchteten Menschen ankommen,

4. finanziell unterstützen und

5. im Gebet begleiten. 

„Wir müssen verstärkt unsere Verantwortung und die Rechte als Bürger wahrnehmen, in dem wir durch Petitionen unsere Forderung deutlich machen, das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos aufzulösen“, so eine Teilnehmerin.

„Warum wurde das Sonderprogramm der Bundesregierung gestoppt? Wie können wir auf die Politik einwirken, damit die Prozesse schneller in Gang gesetzt werden und das Elend im Lager endlich ein Ende hat? Wie geht es den Christen im Camp? Sind sie hier sicher oder weiter von Verfolgung bedroht? Treffen sie sich zu Gottesdiensten?“

Diese und andere Fragen bewegten die Anwesenden und erlebten in Amira Ehrhardt eine ehrliche und kompetente Gesprächspartnerin.

 

„Es ist nicht unsere Aufgabe Angst zu haben, sondern Liebe zu geben. Ein Lächeln, ein offenes Ohr und den Menschen Würde geben, das geht überall, in Moria und im Siegerland“, gab Amira am Ende des Abends mit auf den Weg.  

 

Weitere Informationen zur Arbeit von Amira Ehrhardt und ihren Dienst auf Lesbos erhalten Sie beim Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen e.V., Kontakt: Heike Henrichs-Neuser, Tel. 0160 94633146 oder henrichs-neuser@siegerlaender-frauenhilfe.de

 

Bild oben: Vortrag Amira Ehrhardt im Gemeindezentrum Rödgen

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