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Gott selbst wirkt im Gottesdienst
Presbyterforum in Deuz
3.11.2014
Der Gottesdienstbesuch in den Kirchen in Deutschland lässt in der Regel zu wünschen übrig. Nur etwa 3,5% der evangelischen Gemeindeglieder besuchen regelmäßig sonntags einen Gottesdienst. Einen Gestaltungsauftrag für den Gottesdienst in ihrer Gemeinde haben laut Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) die Presbyterinnen und Presbyter. Sie setzen Zahl und Zeit der Gottesdienste fest und tragen Verantwortung für die Verkündigung der biblischen Botschaft sowie die Verwaltung der Sakramente.
Etwa 95 Presbyterinnen und Presbyter aus Gemeinden innerhalb des Evangelischen Kirchenkreises Siegen gingen jetzt (30.10.2014) im Ev. Gemeindezentrum Deuz der Frage nach, wie dieser Gestaltungsauftrag wahrgenommen werden kann in einer Zeit, in der die regelmäßige Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst mehr und mehr zur Ausnahme wird. Für Superintendent Peter-Thomas Stuberg sind die Gottesdienste in den Kirchengemeinden ein Herzensthema. „Sind unsere Gottesdienste so, dass Menschen in ihnen Heimat finden können? Was kann verbessert werden, wenn wir die Menschen mit ihren Bedürfnissen in den Blick nehmen, die in unseren Ortschaften leben?“, fragte der leitende Theologe des Kirchenkreises. Pfarrer Carsten Haeske, der neue Leiter der Arbeitsstelle Gottesdienst und Kirchenmusik im Institut für Aus- Fort- und Weiterbildung der EKvW, stellte den Presbytern neueste Untersuchungsergebnisse zum Thema Gottesdienst vor. In der Gestaltung des Gottesdienstes sollte die Spannung zwischen Fremdheit und Heimat in den Blick genommen werden. Heimat, so der Theologe sei nicht nur räumlich zu verstehen, sondern auch in Beziehungen und betreffe die Sinne. Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird, zitiert er Christian Morgenstern. Haeske zeigte auf, mit welchen unterschiedlichen Erwartungen Menschen einen Gottesdienst besuchen und aus welchen unterschiedlichen Milieus sie stammen. Es bedürfte unterschiedlicher Gottesdienstformen, um all den unterschiedlichen Erwartungen gerecht werden zu können. Verschiedene Gottesdienstformen sind in der Tat in den vergangenen Jahren entstanden, um unterschiedlichen Erwartungen zu genügen. Neuerlich, so der Gottesdienstfachmann, gibt es einen anderen Denkansatz zum Gottesdienst: Die Gemeinde erscheint im Gottesdienst nicht mehr als verschiedene Zielgruppen, sondern als Gemeinde unter Gottes Wort. Es wird in dem sogenannten Hildesheimer Modell nicht mehr von den Gottesdienstteilnehmenden und ihren Bedürfnissen ausgegangen, sondern von der Wirkung des Gottesdienstes. Wirkungspsychologie wird in den Blick genommen. Der Gottesdienst ist demnach mehr als die Erwartungen der Teilnehmenden. Haeske: „Er hat eine Wirkung von sich heraus, eine überzeitliche Selbstwirksamkeit. Gott selbst wirkt im Gottesdienst.“ Er zeigte auf, wie Menschen im Gottesdienst Sinndeutung, Handlungsorientierung, Beziehungen und existentielle Erlebnisse erfahren. Solche Wirkungen könnten an unterschiedlichen liturgischen Stationen im Gottesdienst festgemacht werden.
Nach dem Fachvortrag und Gesprächsrunden wurde das Presbyterforum von Superintendent Stuberg mit einer Andacht in der Deuzer Kirche beendet.
kp
Text zum Bild: (Foto Karlfried Petri)
Bild oben:
Gottesdienstbesuchende dürfen von ihrem Gottesdienst etwas erwarten. Pfarrer Carsten Haeske, Fachmann für Gottesdienstgestaltung, zeigte auf, mit welchen unterschiedlichen Erwartungen Menschen einen Gottesdienst besuchen.