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Mit Gott kann man rechnen - ein Nachmittag mit Zahlen, Glaube und Musik
19.11.2025

An einem nasskalten Nachmittag fanden sich jetzt zahlreiche Besucherinnen und Besucher in der behaglichen Johanneskirche Drolshagen ein. Die Kirche war gut gefüllt. Die Veranstaltung „Mit Gott kann man rechnen“ verband Musik, Theologie und Mathematik zu einem ebenso geistvollen wie unterhaltsamen Nachmittag. In der Kirche wurde herzhaft gelacht, intensiv mit- und nachgerechnet und aufmerksam Gedanken über Gott, die Bibel, Mathematik und Musik gelauscht. Eingerahmt wurde das Programm von erlesener Musik, die half, das Gehörte innerlich zu ordnen und Kraft zu schöpfen. Arcangelo Corellis „Sonata X“, Gustav Flügels lyrisches Sostenuto, Frobergers kunstvolle Canzon III, Saint-Requiers meditativer „Cantabile serioso“ und schließlich Bachs „Air“ ließen Kopf und Herz miteinander schwingen. Die Violinistin Oda Weiken und der Organist Eckhart Oltmanns gestalteten die Stücke mit feinem Gespür: barocke Klarheit, romantische Wärme, französische Eleganz und Bachs vollkommene Proportionen – ein musikalischer Beweis, dass Zahlen und Klang dieselbe Sprache sprechen.
Nach der Begrüßung durch den Förderverein Johanneskirche Drolshagen wurden die beiden Referenten vorgestellt. Superintendentin Kerstin Grünert, Theologin und seit 2024 Leiterin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, studierte in Marburg, Heidelberg und an der Hochschule für Jüdische Studien. Sie ist bekannt für ihre klare Sprache, seelsorgerliche Nähe und die Überzeugung: „Verändern gehört zum Kirche-Sein dazu – und ich bin gespannt, wo Gott mit uns hinwill.“ An ihrer Seite stand Dr. Dr. Gert Mittring, elffacher Weltmeister im Kopfrechnen und amtierender deutscher Meister, Psychologe und Autor. Für ihn ist Mathematik keine trockene Disziplin, sondern „Musik des Denkens“. Beide verbanden an diesem Nachmittag Intellekt und Inspiration zu einer lebendigen Einheit.
Vier humorvolle Eisbrecherfragen führten ins Thema: Welche Zahl steht für Hoffnung? Grünert wählte die Eins – Symbol der Einheit: „Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein“ (5. Mose 6, 4). Welche Zahl lässt lächeln? Mittring entschied sich für die Acht: „Die stehende Acht lacht im Angesicht der liegenden Unendlichkeit.“ Auf die Frage, welches biblische Bild zur Mathematik passe, antwortete er: „Die Auferstehung – sie überschreitet Grenzen, wie die Mathematik.“ Grünert schloss augenzwinkernd: „Dann können wir ja nach Hause gehen – das ist kaum zu toppen.“
Im ersten Teil „Biblische Zahlen – Biblische Geschichten – Mathematische Kommentare“ erschlossen die beiden die Symbolik der Zahlen 1, 3, 7, 12 und 40 und ihre mathematischen Eigenschaften. Sie sprachen über das biblische Alter, den jüdischen und christlichen Kalender und über Zahlen als Sprache des Glaubens. Zwischen den Stuhlreihen hingen Plakate mit Zitaten:
„Das Universum ist auf der Macht der Zahlen aufgebaut“ (Pythagoras), „Mathematik ist das Alphabet, mit dessen Hilfe Gott das Universum beschrieben hat“ (Galileo Galilei) oder
„Man muss mit allem rechnen. Auch mit dem Guten.“ So wurde die Kirche selbst zu einem begehbaren Denk- und Glaubensraum.
Im zweiten Teil „Rechnen mit dem Kopf“ zeigte Mittring, wie faszinierend Kopfmathematik sein kann. Er begann mit zweistelligen Multiplikationen und steigerte sich bis zu vierstelligen Aufgaben. Aus dem Publikum kamen zwölfstellige Zahlen, deren Quadratwurzeln er in Sekunden nannte. Dann erklärte er den sogenannten „Siebener Rest“, der zur Berechnung von Wochentagen dient, und wandte ihn auf Geburtstage an. Eine junge Frau, die am Reformationstag geboren war, durfte erleben, wie Mittring in Windeseile ihren Geburtstag in Tage und Sekunden umrechnete – und erhielt die vollständige Rechnung auf einem Flipchart-Blatt als Erinnerung.
Im abschließenden dritten Teil „Was es heißt, mit Gott zu rechnen“ spannten Grünert und Mittring den Bogen zwischen göttlicher Logik und menschlicher Vernunft. Es entstand ein gemeinsames Plädoyer für den Glauben, der Denken nicht ausschließt, sondern inspiriert. Grünert schloss mit einem geistlichen Impuls: Wer mit Gott rechnet, müsse auch mit Überraschungen rechnen – denn seine Rechnung gehe anders auf als unsere.
Nach dem offiziellen Teil blieben viele Besucher. Bei Gebäck und Getränken entstanden Gespräche über Fingertricks, Zahlen und Glaubensfragen.
Wilhelm Dyckerhoff


