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Flüchtlingen ein Gesicht und eine Stimme geben
Evangelische Studierendengemeinde Siegen erstellt Wanderausstellung
18.2.2016
Was wünschen sich Geflüchtete und Studierende für ihre Zukunft? Was brauchen sie, um ihre Vision zu leben? Erkennt man Unterschiede zwischen Menschen mit einer Fluchtgeschichte und Studierenden?
Ein halbes Jahr lang haben Ehrenamtliche und Hauptamtliche der Evangelischen Studierendengemeinde Siegen (ESG) unter der Leitung von Pfr. Dietrich Hoof-Greve an einer Wanderausstellung zum Thema Flüchtlinge gearbeitet. Acht Lehrerinnen und die Fotografin Lydia Wagener, die zudem die Roll-ups layoutet hat, brachten sich ein. Es wurde ein Fragenkatalog entwickelt, Kontakte zu Flüchtlingen geknüpft und auch Studierende interviewt. Hoof-Greve: „Es war ein gutes Stück Arbeit, die Ausstellung zu konzipieren. Wir wollten Geflüchteten ein Gesicht geben. Es ging uns nicht um eine Defizitorientierung und auch nicht um Bemitleidung nach dem Motto ‚Ach, was habt ihr es schwer‘.“ Ein Flyer mit Erklärungen zur Ausstellung wird in Kürze fertig. Deutlich wurde, die Wünsche von jungen Menschen, die eine Flucht überstanden haben und Studierenden an der Universität Siegen sind sich ähnlich. „Wünsche sind für das Gelingen der Zukunft so wichtig wie die Uhrzeit, um pünktlich anzukommen“, heißt es auf dem ersten Ausstellungs-Roll-up. ESG-Mitarbeiterin Renate Helm erzählt von Wünschen, die in Interviews genannt wurden: „Den Geflüchteten fällt es noch schwer, einen Blick nach vorne zu werfen. Sie sind in ihren Gedanken bei ihren Familien, bei denen, die sie zurücklassen mussten. Was wird aus denen?“ Die Familie, so wurde es über die Antworten für die Fragebögen deutlich, hat bei ihnen einen sehr hohen Stellenwert, gefolgt von Arbeit und Ausbildung sowie Gesundheit.
Etliche Geflüchtete und Studierende waren bereit, ihr Gesicht für die Wanderausstellung zur Verfügung zu stellen. 16 junge Menschen aus 9 Nationen kommen zu Wort. Die einen leben schon länger in Deutschland, studieren oder promovieren – die anderen sind vor Krieg und Terror hierher geflohen.
Zu ihnen gehört Abdul Loulidi aus Marokko, 26 Jahre alt. Er ist froh und dankbar, dass ihm Menschen in Siegen bei seiner Integration helfen. Er hat sein Gesicht für die Ausstellung zur Verfügung gestellt um zu zeigen, dass er angefangen hat, sich zu integrieren. Er sieht sich auf dem richtigen Weg und bedankt sich bei allen, die ihn bis hierher unterstützt haben. Ähnlich sieht es Jan Baptista Sam Kolie aus Guinea, 33 Jahre alt: „Es braucht Menschen, die uns helfen. Wir brauchen Unterstützung.“ Er hofft, in Deutschland eine Berufsausbildung machen zu können. Moussa Diarra aus Mali, 19 Jahre alt, kannte niemanden in Deutschland, als er hierher kam. Durch das Projekt „Hand in Hand“ der Evangelischen Studierendengemeinde in Siegen hat er Kontakte knüpfen können zu anderen Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind wie er. Alle drei besuchen den Deutschkurs der ESG bei Katharina Rössel.
Über Facebook hat Katharina Rössel von dem Projekt erfahren und war sofort begeistert von der Idee. Die 21-jährige ist Studentische Hilfskraft und hat sich als Deutschlehrerin eingebracht. Rössel: „Das Projekt gibt jungen Menschen ein Gesicht. Es sind junge Menschen so wie ich. Während der Projektarbeit merkten wir, dass wir zusammengehören. Auch wenn die Sprachkenntnisse noch zu wünschen übrig lassen, man versteht einander. Wir haben gemeinsam gekocht, Weihnachten gefeiert und Ausflüge unternommen.“
Zurzeit sind die 11 Roll-ups im Evangelischen Gemeindezentrum Rödgen zu sehen. Christoph Otminghaus, Gemeindepfarrer der Ev. Kirchengemeinde Rödgen-Wilnsdorf, hat die Ausstellung kürzlich in dem Gottesdienst „Gospelhouse“ mit dem Thema „We are the world“ eingesetzt. Und auch in weiteren Gemeindeveranstaltungen soll die Ausstellung Beachtung finden. Interaktiv lässt sich mit der Ausstellung arbeiten, indem die Besucher ihre eigenen fünf wichtigsten Wünsche benennen und entsprechend abstimmen können.
Die nächsten Stationen sind schon gebucht. Darunter die Bibliothek der Universität Siegen, eine Veranstaltung in Hannover, ein Flüchtlingsgottesdienst in der Nikolaikirche, die Beratertagung am 16. und 17. März in Villigst und auch das große landeskirchliche Event zur Reformationsdekade „Weite wirkt“ vom 6.-8. Mai im Gerry-Weber-Stadion im westfälischen Halle ist in den Blick genommen. Kirchengemeinden, Schulen, Behörden oder Vereine können sich die Ausstellung kostenfrei ausleihen. Die 11 Roll-ups lassen sich in zwei transportable Pakete verstauen und mit den 10 Voting-Boxes in einem Pkw-Kofferraum transportieren. Entliehen werden kann die Ausstellung bei der Evangelischen Studierendengemeinde Siegen, Pfr. Dietrich Hoof-Greve, Tel.: 0271/74111995, Infos: www.esg-siegen.de
Die Wanderausstellung entstand im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ ̶ Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit. Gefördert wurde sie von der Stadt Siegen, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
kp
Text zum Bild oben: (Foto Karlfried Petri)
Eindrucksvolle Interviews und Gesichter führten zu einer aussagekräftigen Roll-up Gestaltung. Zu der Projektgruppe gehören (v. li.) Katharina Rössel, Jan Baptista Sam Kolie, Moussa Diarra, Abdul Loulidi und Dietrich Hoof-Greve. Nicht im Bild: Renate Helm.