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Beistand in extremer seelischer Not

24.2.2017

Es gehört zur Aufgabe jedes Pfarrers, seinen Gemeindegliedern auch in schweren persönlichen Krisen, bei Todesfällen und in der Trauer beizustehen. Doch es gibt Situationen, auf die ein Theologiestudium nicht vorbereitet. Das erkannten Anfang der 1990er Jahre engagierte Pfarrer, die ehrenamtlich im Rettungsdienst arbeiteten. Sehr oft bleiben bei dramatischen oder tragischen Einsätzen verstörte Angehörige, Freunde und Zeugen zurück. Um ihnen beizustehen, wurde die Notfallseelsorge gegründet.

Mit diesem Thema beschäftigten sich die Pfarrerinnen und Pfarrer des Ev. Kirchenkreises Siegen jetzt in einer Pfarrkonferenz in Ferndorf. "Notfallseelsorge ist eine originär kirchliche Aufgabe, aber nicht Pflicht jedes einzelnen Pfarrers", bilanzierte der Referent, Pfarrer Ralf Radix. Radix ist Beauftrager der Evangelischen Kirche von Westfalen für den Bereich Notfallseelsorge und fachlicher Leiter der Notfallseelsorge im Siegerland. Auch ein Pfarrer als professioneller Seelsorger habe das Recht, festzustellen, dass diese besonders belastende Aufgabe ihm zuviel sei – seelisch oder auch schlicht zeitlich.

60 bis 80 Einsätze pro Jahr

Alarmiert werden die Notfallseelsorger über die Leitstelle der Feuerwehr Siegen, bei der alle Notrufe aus dem Kreis eingehen. Der Disponent der Leitstelle entscheidet, welche Einsatzkräfte ausrücken. Zu 60 bis 80 Einsätzen pro Jahr werden im Kirchenkreis Siegen auch die Notfallseelsorger alarmiert – Tendenz steigend.

Jeweils ein Notfallseelsorger hat Rufbereitschaft, muss also für die Feuerwehr-Leitstelle zuverlässig erreichbar sein. Je nach Situation oder Einsatzort kann er den Einsatz selbst übernehmen oder einen Kameraden schicken. Die vier Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich im Kirchenkreis die Rufbereitschaften teilen (zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben), werden von derzeit sieben Ehrenamtlichen unterstützt. "Ehrenamtliche sollen nie ohne die fachliche und seelsorgliche Begleitung Hauptamtlicher arbeiten müssen", stellte Radix klar.

Notfallseelsorger brauchen spezielle Ausbildung

Obwohl Ehrenamtliche dringend gebraucht würden, lehne man mittlerweile auch Bewerber ab, wenn diese nicht geeignet seien. Die Anforderungen seien gestiegen, was Radix für richtig hält. "Mittlerweile gibt es bundesweit einheitliche Ausbildungsstandards; aus der Initiative ist eine Institution geworden."

"Es kostet durchaus etwas, diesen Dienst auszuüben", sagte der Hilchenbacher Pfarrer Herbert Scheckel, selbst in der Notfallseelsorge aktiv, in der Andacht. "Andere Pflichten oder einfach mal ein ruhiger Abend können ganz schnell umgeworfen werden. Aber uns Menschen in Not zuzuwenden ist unser Auftrag von Gott." Rund ein Dutzend Pfarrerinnen und Pfarrer meldeten bei der Pfarrkonferenz ihre grundsätzliche Bereitschaft an, an der Weiterbildung zum Notfallseelsorger teilzunehmen.

 

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Die in der Notfallseelsorge tätigen Pfarrer Thomas Ijewski (Freudenberg, l.), Rainer Klein (Neunkirchen, 2.v.l.) und Herbert Scheckel (Hilchenbach, 2.v.r.) mit Referent Ralf Radix (M.) und Superintendent Peter-Thomas Stuberg.

 

 

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