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Auf dem Weg in den weiten Raum
Evau verabschiedet Abiturjahrgang 2020

25.6.2020

 

Es war ein Schulabschluss, den niemand vergessen wird, der am Samstag in Weidenau gefeiert wurde: Abiturvorbereitung per E-Mail und Videokonferenz, langes Bangen, ob überhaupt Prüfungen stattfinden, und eine Entlassungsfeier mit viel Abstand und Desinfektionsmittel. Normalerweise begeht jeder Jahrgang des Evangelischen Gymnasiums Siegen-Weidenau (Evau) sein Abitur mit einer großen Abschlussfeier in der vollbesetzten Haardter Kirche. Im Jahr der Corona-Pandemie war alles anders: In vier Gruppen und vier aufeinander folgenden Gottesdiensten verabschiedete das Gymnasium in Trägerschaft des Evangelischen Kirchenkreises Siegen seine 109 Abiturientinnen und Abiturienten. Zeitversetzt erhielten sie in der Kirche ihre Zeugnisse, bekamen von Schulleiterin Beate Brinkmann, Jahrgangsstufenbegleitern Bettina Schnell und Hartwig Piltz gute Wünsche und von Superintendent Peter-Thomas Stuberg Segensworte zugesprochen. Die Überschrift bildete ein Vers aus Psalm 31: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“.

Normalerweise hätten noch mehr Redner persönlich gratuliert – doch um die Teilnehmerzahl in den vier Entlassungsfeiern möglichst gering zu halten, übermittelten sie ihre Grüße per Videobotschaft, die die Abiturienten nach der Feier zuhause ansehen konnten. Lange habe die Stufe sich den Kopf zerbrochen, wie sie sich am Evau verewigen könne, sagte Abiturientin Letizia Tahmaz, die für die Jahrgangsstufe sprach, in ihrer Videobotschaft. Durch die Corona-Pandemie werde der Abiturjahrgang 2020 nun definitiv nicht vergessen werden. „Man wird uns aber nicht als bemitleidenswerten und traurigen Jahrgang in Erinnerung behalten, sondern als den Jahrgang, der aus der Krise das Beste gemacht hat, der den Mut nicht verloren hat und der weitergemacht hat.“ Auch Schulleiterin Brinkmann erinnerte die Schülerinnen und Schüler in ihrem Video-Gruß daran, was sie in der Corona-Zeit gelernt haben: „Ihr seid Meister geworden in Video-Konferenzen. Ihr habt gelernt, euch gegenseitig Feedback zu geben, schriftlich über die verschiedenen Kanäle, und ihr habt euch hervorragend vorbereitet auf das Abitur.“ Auch den Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern dankte Brinkmann für ihren flexiblen und kreativen Umgang mit der Abitur-Vorbereitung mitten im Corona-Lockdown.

Politische Amtsträger würdigten die Abiturienten als kritisch und engagiert. Der Siegener Bürgermeister Steffen Mues verwies auf ihren Einsatz gegen Rechtsextremismus und für die Bewegung „Fridays for future“: „Dass Sie über den eigenen Tellerrand hinausschauen, sich für gesellschaftliche Themen interessieren, sich für andere stark machen und soziale Verantwortung übernehmen, finde ich ganz großartig.“ Landrat Andreas Müller appellierte: „Bleiben Sie kritisch!“ In Zeiten, in der Staatenlenker wie Trump, Putin und Erdogan auf Spaltendes statt Verbindendes setzten, gelte es, sich einzubringen und zu hinterfragen, was man erzählt bekomme.

Auch Superintendent Stuberg sagte, die Abiturientinnen und Abiturienten hätten ein kritisches Gegenüber dargestellt und wollten Verantwortung übernehmen. Zugleich machten sie aber auch tastende Schritte ins Offene und wüssten noch nicht genau, wohin der Weg sie führe. Im Psalmwort „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ verspreche Gott, mitzugehen, sagte der leitende Theologe des Kirchenkreises. „Da ist Gott an Ihrer und unserer Seite und wir erleben ihn als einen, der entgrenzt, der Schritte ins Offene ermöglicht – manchmal sogar so, dass es uns eher Angst macht.“ Die Abiturientinnen und Abiturienten verließen das Evau als veränderte Menschen, betonte Stuberg. „Hoffentlich als bereicherte Menschen, auf jeden Fall aber als getroste und zuversichtliche Menschen, die sagen: In Gottes Namen, wir nehmen die Zukunft in die Hand, wir gestalten Sie.“ Dass das auch und gerade zu Corona-Zeiten gilt, unterstrich Abiturientin Letizia Tahmaz in ihrem Grußwort: „Auch wenn alles anders abläuft als geplant, kann man, wenn man positiv bleibt, zusammenhält und die Freude am Leben nicht verliert, das Beste aus jeder Situation machen.“

Jasmin Maxwell-Klein

 

Bild: Mit viel Abstand verteilten sich die Familien der Abiturientinnen und Abiturienten bei der diesjährigen Entlassungsfeier in der Haardter Kirche.

Foto: Jasmin Maxwell-Klein

 

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