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Zwischen Widerstand und Ergebung

1.7.2025

Heike Dreisbach (Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein), Raimer Leng (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland) und Christina Panzer (Aktives Museum Südwestfalen, v.l.) in der Ausstellung „Dietrich Bonhoeffer – Leben und Werk“ im Aktiven Museum Südwestfalen.
© Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein
Heike Dreisbach (Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein), Raimer Leng (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland) und Christina Panzer (Aktives Museum Südwestfalen, v.l.) in der Ausstellung „Dietrich Bonhoeffer – Leben und Werk“ im Aktiven Museum Südwestfalen.

In diesem Jahr jährte sich der Todestag von Dietrich Bonhoeffer zum 80. Mal. Der evangelische Theologe gilt als einer der wichtigsten Vertreter des christlichen Widerstandes im Nationalsozialismus. Der Todestag war für das Aktive Museum Südwestfalen sowie für die Gesellschaft für Christlich-Jüdische-Zusammenarbeit Siegerland und die Erwachsenenbildung im Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein der Anlass, um in Kooperation Bonhoeffer, seinem Leben und seinem Werk eine Ausstellung zu widmen. „Dietrich Bonhoeffer – Leben und Werk“ wird voraussichtlich bis zum 10. Juli 2025 in dem Siegener Museum zu sehen sein. Bonhoeffer wurde nach 1933 als Mitarbeiter der Bekennenden Kirche zu einem führenden Theologen der kirchlichen Oppositionsbewegung. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler wurde brisantes Material entdeckt. Die SS ermordete Bonhoeffer am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg.  

Ergänzt wird die Ausstellung zu Bonhoeffer durch die Biographien verfolgter Siegerländer Pfarrer. „Wir haben immer versucht bei Wechselausstellungen einen lokalen Bezug zu bekommen“, sagt Pfarrer i. R. Raimar Leng, evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland und im Vorstand des Aktiven Museum Südwestfalen. „Es hat bei uns auch sowas wie Widerstand gegeben. Und auch Opfer, weil sie jüdische Vorfahren hatten“, erklärt der Pfarrer im Ruhestand. Weniger bekannt gewesen sei beispielsweise Siegfried Stein. Seine Mutter war Christin, sein Vater Jude. Stein war von 1931 bis 1946 Pfarrer in Wilnsdorf und Mitglied der Bekennenden Kirche.  Im Oktober 1944 wurde er als „jüdischer Mischling“ ins Zwangsarbeiterlager nach Hünfeld/Rhön transportiert und musste körperliche Schwerstarbeit leisten. Mitchristen im Siegerland setzten sich für seine Freilassung ein, aber erst nach der Befreiung des Lagers durch die Alliierten kehrte er nach Wilnsdorf zurück. Immer wieder erhielt er dort anonyme Briefe, in denen er als „Judensau“ beschimpft wurde. 

Widerstand geleistet und der Bekennenden Kirche zugehörend war auch Gustav Adolf Steinle. Ab 1932 war er Pastor der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinden in Netphen. Er stand wegen seines Widerstandes mehrfach vor Gericht und wurde verurteilt. Bis zu seinem Tod 1944 konnte er jedoch seine Arbeit als Gemeindepfarrer fortsetzen. „Der hat seinen Konfirmanden gesagt, dass in der Kirche kein Hitlergruß gemacht wird“, berichtet Leng. Er merkt an – und auch das wird in der Ausstellung aufgegriffen – dass, zur Bekennenden Kirche zugehörig gewesen zu sein, nicht unbedingt etwas über das Verhältnis zu jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ausgesagt habe. Es sei viel um den Selbsterhalt und die Autarkie der Kirche gegangen, sagt Leng. 

Ein im Siegerland bekannter Name ist Theodor Noa. 1927 trat er die Pfarrstelle in der Nikolaikirche in Siegen an und widmete sich besonders der Jugendarbeit. Noa stellte sich öffentlich gegen die Ideologie des Nationalsozialismus. Er verlas öffentlich eine staatlich verbotene Bekanntmachung der Bekennenden Kirche. Zudem organisierte er eine Sonderkollekte, die nicht für den staatlich gelenkten Kollektenplan vorgesehen war. Er erhielt eine Vorladung der Geheimen Staatspolizei. Am 14. März 1938 wurde Theodor Noas Leiche im Landwehrkanal in Berlin gefunden. Die Todesumstände blieben ungeklärt. Sein Grabkreuz befindet sich noch heute an der Nikolaikirche in Siegen.  

 „Christus nicht Hitler“ hieß die Broschüre die Pfarrer Wilhelm Ochse verfasste und verteilte. Seit 1931 war er Pfarrer der katholischen Gemeinde St. Marien in der Mitte Siegens. Er habe offen das Wort erhoben gegen die NS-Diktatur, sagt Leng. Für seine Kritik kam er ins Gefängnis, wurde später von der Gestapo vorgeladen und unter Druck gesetzt. Er wurde vor die „Wahl“ gestellt, in das KZ Dachau eingeliefert zu werden oder „Mitarbeiter“ der Gestapo zu werden. Bis zu seiner Pensionierung 1955 blieb Ochse Pfarrer der Marienkirche.

 

Sarah Panthel 

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